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23.01.2023 hunderttausend.de  
Universität Trier

Exzessive Gehälter von Betriebsräten sind nur Einzelfälle

​​Eine wirtschaftswissenschaftliche Studie zeigt, dass die gesetzlichen Bestimmungen weitgehend eingehalten werden.

 
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​Zahlungen von mehreren hunderttausend Euro pro Jahr an Betriebsräte, insbesondere im Zusammenhang mit VW und Porsche, haben vor einiger Zeit hohe Wellen geschlagen. Medienberichte und Gerichtsverfahren zu der vermeintlichen Überbezahlung haben in der Öffentlichkeit den Eindruck verstärkt, dass diese Praxis weit verbreitet ist, um Betriebsratsmitglieder für die Belange der Arbeitgeber „kompromissbereiter“ zu machen.



In einer Studie haben Prof. Dr. Laszlo Goerke (Universität Trier) und Prof. Dr. Markus Pannenberg (FH Bielefeld) jedoch herausgefunden, dass Betriebsräte in Deutschland im Durchschnitt gleich oder nur geringfügig besser entlohnt werden als vergleichbare Beschäftigte. „Zugespitzt formuliert sind die exzessiven Einkünfte von VW-Betriebsräten also nicht die Spitze eines Eisbergs, sondern eher Einzelfälle“, stellen Laszlo Goerke und Markus Pannenberg fest.


Von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wird dagegen die Kritik von Gewerkschaften an Fällen von finanzieller Schlechterbehandlung bei Betriebsräten. „Beides – zu viel und zu wenig Bezahlung – kann die Wirkungsweise des deutschen Systems der Mitbestimmung beeinflussen“, sagen die beiden Wirtschaftswissenschaftler Goerke und Pannenberg in ihrer Studie. Laut Betriebsverfassungsgesetz dürfen Arbeitnehmer für eine Tätigkeit im Betriebsrat folglich weder finanziell belohnt noch benachteiligt werden. Daher müssen Betriebsratsmitglieder entsprechend der Tätigkeit und den damit einhergehenden Entwicklungsmöglichkeiten bezahlt werden, die sie vor dem Eintritt in die Arbeitnehmervertretung ausgeübt haben.


Bislang litt die öffentliche Diskussion über Besser- oder Schlechter-Stellungen darunter, dass keine umfassenden Informationen zur Bezahlung von Betriebsräten zur Verfügung standen. Diese Lücke haben Laszlo Goerke und Markus Pannenberg mit ihrer Untersuchung geschlossen und damit auch einen wichtigen Beitrag zur Diskussion der Notwendigkeit einer Reform des Gesetzes geleistet. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Zahlungen an Betriebsratsmitglieder weitgehend im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen stehen“, erklären die Forscher. Eine Reform der Regeln des Betriebsverfassungsgesetzes zur Bezahlung von Betriebsräten erachten sie daher nicht als notwendig.


In ihrer Studie untersuchen Goerke und Pannenberg Lohnzahlungen an Betriebsräte in Deutschland im Zeitraum von 2001 bis 2015. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Entlohnung im Vergleich zu gleichzusetzenden Arbeitnehmern ohne Betriebsrat-Zugehörigkeit durchschnittlich auf dem gleichen oder auf einem um drei bis sieben Prozent höheren Niveau bewegt. Die Differenz hängt davon ab, ob persönliche Merkmale wie etwa die Ausbildung oder Arbeitsmotivation berücksichtigt werden. Ihre Ergebnisse fanden Laszlo Goerke und Markus Pannenberg sowohl für verschiedene Gruppen von Arbeitnehmern wie für unterschiedliche Unternehmenstypen bestätigt.


Für Mitglieder in Arbeitnehmervertretungen lässt sich aus der Studie folgern, dass sich eine Betriebsratstätigkeit im Durchschnitt nicht durch wesentliche Lohnvorteile auszahlt. „Dies könnte eine Erklärung dafür sein, warum Arbeitnehmer häufig davon absehen, die Wahl eines Betriebsrats in ihrem Betrieb zu initiieren. Mögliche Kosten von Konflikten mit und Sanktionen durch den Arbeitgeber werden durch die erwarteten finanziellen Erträge einer Betriebsratstätigkeit nicht kompensiert“, schreiben Goerke und Pannenberg. Das Fehlen von Lohnprämien für Betriebsräte könnte darüber hinaus einer der Gründe dafür sein, warum viele Betriebsräte ihr Amt vorzeitig aufgeben, so die Forscher.


Die Studie
Wage determination in the shadow of the law: The case of works councilors in Germany. Laszlo Goerke, Markus Pannenberg, 2022 (journals.sagepub.com).

Text: Universität Trier


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