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30.11.2019 Jana Ernst Jana Ernst
Feine Sahne Fischfilet reißen das E-Werk ab

Von Crowdsurfing bis Seenotrettung

​​Die Punk-Band aus Mecklenburg-Vorpommern geht vor der angekündigten Schaffenspause noch einmal auf Deutschland-Tour. hunderttausend.de war beim Tourauftakt in Saarbrücken dabei – zwischen Bengalos, viel Bier und politischen Statements.

 
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​„Es geht los, es geht los, heute Nacht!“​ Donnerstagabend haben Feine Sahne Fischfilet im E-Werk in Saarbrücken ihren Tourauftakt vor ausverkaufter Halle gegeben. Von Aufwärm-Mentalität war aber keine Spur- weder bei der Band, noch bei den Fans. Umso passender schien auch der erste Song Zurück in unserer Stadt, gleich gefolgt vom mindestens genauso treibenden Alles auf Rausch. Die saarländischen „fsf ultras“ (so diverse Banner) nahmen das zum Anlass, nicht nur Rekorde im Crowdsurfen aufzustellen, sondern auch gleich die Bengalos auszupacken: eindrucksvoll, aber auch immer wieder eine Herausforderung für die Security. Und die Band verschwand auf der Bühne kurzzeitig fast gänzlich im Qualm.

Dafür, dass Feine Sahne Fischfilet deutschlandweit sehr kontrovers diskutiert werden, zeigt sich das Publikum überraschend heterogen. Wer hier nur halbstarke Punks erwartete, wurde eines Besseren belehrt: Feine Sahne-Fans gibt es quer durch alle Altersgruppen, in jedem Geschlecht und das Aussehen lässt ohnehin keine Rückschlüsse zu. Einzige Gemeinsamkeit sind die zahlreichen Band-Shirts (von Feine Sahne Fischfilet über Die Toten Hosen bis Wacken-Merchandise) und die sehr deutlichen kleidungstechnischen Statements gegen Nazis (und die AfD). Mit dem Song Angst frisst Seele auf gab die Band dann auch noch ein musikalisches Statement für Zusammenhalt und Solidarität ab. Das Lied ist der Linken-Politikerin und guten Freundin der Musiker, Katharina König-Preuss, gewidmet, die sich 2016 Morddrohungen von einer Neonazi-Band ausgesetzt sah. Angst frisst Seele auf will aber auch jedem anderen Halt geben, der sich mutlos und alleine fühlt: „Wenn alle mutlos sind, halten wir uns fest. Komm schlag zurück - Denn Angst frisst Seele auf.“

Wie gewohnt, scheut Frontman Monchi sich nicht immer wieder besondere Personen zu sich auf die Bühne zu holen. Im vergangenen November in der Europahalle war das zum Beispiel die Trierer Band Dorfterror und eine Viertklässlerin, die die Band mit ihren Unterlagen eines Schul-Referats über Feine Sahne Fischfilet überrascht und überzeugt hatte. Auch dieses Mal wurde gerade jungen Fans diese Ehre zu Teil. Zwei Geschwister hatten die Band mit einem selbstgemalten Plakat im strömenden Regen begrüßt und sich damit einen Song zusammen mit Monchi auf der Bühne verdient. Der Vater der beiden hat sich – in unseren Augen – an diesem Abend für den „Bester Vater des Jahres“-Preis qualifiziert: Er durfte ebenfalls mit auf die Bühne (Monchi zur Security: „Hebt den mal rüber, das ist ein alter Knochen!“), machte ganz Papa-mäßig erstmal ein paar Fotos von seinen Sprösslingen auf der Bühne vor ausverkauftem E-Werk, um anschließend lauthals mitzusingen.

Außerdem stellte Monchi einen Aktivisten der Organisation Iuventa10 vor. Mit ihrem Rettungsschiff IUVENTA wurden mehr als 14.000 Schiffbrüchige im Mittelmeer gerettet, bis das Schiff im August 2017 vor Sizilien beschlagnahmt wurde. Die italienische Staatsanwaltschaft hat daraufhin Ermittlungen gegen zehn Crew-Mitglieder eingeleitet, denen jetzt 20 Jahre Haft drohen. Iuventa10 ist auf Spenden angewiesen um die Prozesskosten tragen zu können und ihren Standpunkt vor Gericht zu verteidigen: „Solidarity is a duty – not a crime!“

Neben ausgelassener Feierei finden auch solche politischen Themen auf jedem Feine Sahne Fischfilet-Konzert ihren Platz. Passend dazu folgen dann auch einige politische und kritische Songs, von Wut über Suruç bis zu einem Cover des The Clash-Klassikers London Calling, der eine tragende Rolle in der Geschichte des Punk inne hat. Nach einer zweiten Zugabe verabschiedeten sich Feine Sahne Fischfilet dann mit Wo niemals Ebbe ist, Wir haben immer noch uns und schließlich Komplett im Arsch von den Saarbrücker-Fans.

Am 20. Dezember, quasi als Weihnachts-Kontrastprogramm, sind die Jungs noch einmal in der Region und spielen in der CGM Arena in Koblenz. Das Konzert​ ist bereits ausverkauft. 



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