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26.11.2018 Jana Ernst Jana Ernst
Feine Sahne Fischfilet

Alles auf Rausch

​​​​​​An zwei aufeinanderfolgenden Abenden waren die Jungs von Feine Sahne Fischfilet in der Europahalle zu Gast. hunderttausend.de durfte am ausverkauften Freitag Zeuge des außergewöhnlichen Auftritts einer Band werden, die ihrem Hype absolut gerecht wird.

 
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​Nachdem die geplante Support-Band Stage Bottles aus gesundheitlichen Gründen absagen musste, sprang mit Alarmsignal - eine wirklich handfeste deutsche Punk-Band - ein. Einem Großteil des Feine Sahne Fischfilet-Publikums wohlbekannt, wurden die Musiker aus Celle​​​​ auch entsprechend begrüßt. Mit einem Cover von Major Tom boten sie auch den nicht-textsicheren Zuschauern in der ausverkauften Europahalle einen ersten Song zum Mitsingen - und der Punk stand diesem Song ausgesprochen gut. Getreu dem Motto „Das Beste kommt zum Schluss“ beendete Alarmsignal das Aufwärmprogramm mit ihrem vermutlich bekanntesten Titel Brennende Barrikaden. Und während drinnen die Barrikaden brannten, informierten vor dem Saal Unterstützer der Organisation Mare Liberum über ihre Arbeit im Mittelmeer. Bereits am Nachmittag gab es dazu eine Info-Veranstaltung in der Tufa.

Schon lange bevor Feine Sahne Fischfil​et schließlich auf der Bühne standen, war die Europahalle mächtig am Brodeln – und als der Vorhang fiel, gab es kein Halten mehr. Zumindest für die nächsten zwei Stunden. In diesen zwei Stunden herrschte nicht nur eine unglaublich gute Stimmung, sie waren auch erstaunlich ereignisreich. Schon während der ersten drei Songs holte sich Frontmann Monchi einen Crowdsurfer auf die Bühne, der sich zuvor mit einem selbstgemachten „FSF Ultras“ Plakat bewaffnet hatte. Dort standen sie dann, Arm in Arm, und kippten sich gegenseitig Bier über. Zumindest landete der größte Teil der Flüssigkeit nicht in irgendeinem Mund. Und wenn doch, dann wurde er sogleich im Monchi-Style wieder ausgespuckt. Weil das alles aber immer noch zu normal wäre, gaben die zwei sich zum Abschied noch einen dicken Schmatzer. Das muss wahre Liebe sein.

Feine Sahne Fischfilet war an diesem Abend auch als Wunscherfüller unterwegs: Die nächsten Gäste auf der Bühne waren die vier Jungs der Trierer Schülerband Dorfterror, die vor dem Konzert ein Video mit ihrer Cover-Version von Geschichten aus Jarmen​ an ihre Lieblingsband geschickt hatten. Das Video wurde von Feine Sahne Fischfilet nicht nur auf der eigenen Facebook-Seite geteilt, sondern Dorfterror durfte den Song auch mit ihrem Idol auf der Bühne spielen. Die vier Punks waren allerdings nicht die einzigen Schüler, die durch ihr Engagement den Weg auf die Bühne fanden. Auch die Viertklässlerin Anna hatte der Band im Vorfeld einen Schnellhefter mit den Unterlagen zu ihrem Referat über Feine Sahne Fischfilet zukommen lassen. Die hatten sich wohl so darüber gefreut, dass auch Anna und ihre Mama unter ohrenbetäubendem Applaus dem Publikum in der Europahalle vorgestellt wurden. Für Nachwuchs wäre damit also schonmal gesorgt.

Überschattet wurde der feucht-fröhliche Abend nur durch einen Vorfall mit einigen übermotivierten Fußballfans, die es offensichtlich versäumt hatten zu bemerken, dass auch innerdeutsche Feindseligkeiten hier völlig fehl am Platz sind. Nachdem die – erstaunlich zahlreichen – Saarländer ihren obligatorischen „Saarland asozial“-Gesang angestimmt hatten, kam es scheinbar zu Auseinandersetzungen mit Eintracht Trier-Fans. Monchi und seine Bandkollegen reagierten völlig richtig und unterbrachen das Konzert für einen Moment, den der Frontmann, der selbst auf eine Hooligan-Vergangenheit zurückblicken kann, für eine wütende Ansage nutzte: So eine „Fußball-Scheiße“ habe auf ihren Konzerten keinen Platz. Damit waren die Fronten dann zum Glück auch schon wieder geklärt.                                                               

Will man den letzten Freitagabend in wenigen Sätzen zusammenfassen, dann eignet sich wohl dieses (wahre!) Bild am besten: Nahe der Bühne an der Wand standen zwei junge Männer, die sich einen Großteil des Abends ununterbrochen unterhielten, während der Rest des Saales bis in die letzten Ecken ausnahmslos wild feierte. Sogar diese beiden stoischen Männer unterbrachen irgendwann ihr Gespräch, um sich mit voller Aufmerksamkeit den sechs Wahnsinnigen auf der Bühne zuzuwenden. Jeder Widerstand zwecklos – dieser Stimmung konnte sich einfach niemand entziehen.

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