Interviews
07.03.2018 Julia Nemesheimer  
Dieter Nuhr

Alltags-Dalai-Lama

​Am 11. März kommt Dieter Nuhr in die Arena in Trier. hunderttausend.de hat sich mit dem Künstler im Vorfeld unterhalten und verlost zudem in Kooperation mit S-Promotion dreimal zwei Gästelistenplätze für die Show.

 
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hunderttausend.de: Herr Nuhr, Sie wirken aktuell omnipräsent. Neben Ihren Auftritten im Fernsehen sind Sie auf Tour mit Ihrem aktuellen Programm Nuhr hier, nur heute, arbeiten zudem als Autor und kürzlich wurde noch Ihre jüngste Fotografie-Ausstellung eröffnet. Haben Sie einen straff geregelten Tagesablauf oder einfach nur ein passendes Team im Rücken, das Ihnen hilft, alles zu bewerkstelligen?
 
Dieter Nuhr: Als Künstler habe ich kein Team. Alles Künstlerische mache ich selbst. Das geht natürlich nur, weil ich kräftig esse und auch mal ein Gläschen trinke. Außerdem spiele ich auch noch Tennis. Das allerdings weniger professionell. Ich nehme mir auch Zeit fürs Schlafen, das ist mir wichtig. Ansonsten habe ich dann Ruhe, wenn ich tot bin. Da ist ja noch endlos Zeit.
  
Sie wirken immer sehr tiefenentspannt. Ist das nur Ihr Bühnen-Ich oder gehen Sie das Leben allgemein so an?
 
Ich habe einen Ruhepuls von 45. Das sieht entspannt aus, ist also eine Art physiologisch bedingter Buddhismus. Wenn ich in Hektik gerate, steigt der Puls auf über 60. Ich habe dann immer noch relative Selbstkontrolle. Die benötigt man auch, weil man in dieser Zeit als Komiker gute Nerven braucht. Da draußen sind jede Menge Dauerbeleidigte unterwegs, die ganztägig Schaum vor dem Mund haben. Für mich ist jeder gut gelaunte und entspannte Mensch ein Alltags-Dalai-Lama.
  
Trotz oder gerade wegen Ihres Erfolges sehen Sie sich auch oft Kritik ausgesetzt. Insbesondere in Zeiten der Social Media-basierten Kommunikation dauert es oft nicht lange, bis man einem Shitstorm ausgesetzt ist. Wie gehen Sie damit um?
 
Eigentlich antworte ich gerne inhaltlich. Da ich versuche, nur über Dinge zu reden, von denen ich was verstehe, haben die Beleidigten dann meistens schlechte Karten. Allerdings bleiben die Empörten ja meistens unter sich. Sie kotzen sich aus und bestätigen sich dann gegenseitig ihr Bessersein. Diese Leute sind dann meistens nicht mehr zu erreichen. Rechte, Linke oder Religiöse, wir hatten wahrscheinlich schon immer eine Menge Fanatiker, aber durch die „sozialen Medien“ werden sie plötzlich wahrnehmbar. Das ist schade. Mir hat neulich sogar jemand Homophobie vorgeworfen. Da wird es dann so absurd, das man besser einfach lächelt und ignoriert. 
  
2016 gab es ja die große Diskussion über „Was darf Satire“, ausgelöst durch Jan Böhmermanns Schmähgedicht. Damals sagten Sie, dass Satire nicht alles darf. Wo ziehen Sie denn die Grenze? Und kann es sein, dass Sie diese selbst schon mal – sei es auch unbewusst – übertreten haben?  
 
Das kann sein. Wenn ja, tut es mir leid. Aber grundsätzlich wollte ich nur darauf hinweisen, dass Satiriker selbstverständlich genauso wenig alles dürfen wie andere Menschen auch. Inzwischen nimmt jeder Nazi für seine Auswürfe den Begriff der Satire in Anspruch und glaubt, dass er deswegen auch billigste beleidigende Ressentiments unters Volk bringen darf. Ich fürchte, das haben wir auch dieser Diskussion zu verdanken. 
  
Daneben gelten Deutsche weltweit ja klischeemäßig eher als humorlos. Trotzdem boomt die Comedyszene, gerade auch im TV. Wie sehen Sie das als Insider?
 
Das hat noch nie gestimmt und gehört zu den nationalen Ressentiments, die nicht dadurch weniger dämlich sind, dass sie sich gegen uns selbst richten.
  
Sie waren jahrelang Moderator des Comedypreises und sitzen inzwischen in der Jury. Wie schwierig ist es denn da, neutral und objektiv zu bleiben?
 
Ich war zweimal dabei in der Jury. Da war ich überrascht, wie ernsthaft da diskutiert wurde. Es war eine schöne Erfahrung. Ansonsten betrachte ich Humor eher subjektiv. Ich bin ja kein Zensor oder Richter.
  
Mit Ihrem Programm Nuhr hier, nur heute kommen Sie am 11.3. auch nach Trier und einen Tag zuvor gastieren Sie in Saarbrücken. Was darf das Publikum denn von dem Abend mit Ihnen erwarten?
 
Zwei Stunden Lachen. Das ist ja schon mal was. Dann auf eine effektive Angsttherapie. Der Abend richtet sich inhaltlich gegen den real existierenden Alarmismus. Auch wenn Internet, Fernsehen und Zeitungen ein anderes Bild vermitteln, die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass das Publikum während meines Auftritts weder verhungert, noch in kriegerische Handlungen verwickelt werden wird. Das war in der Geschichte der Menschheit auch schon mal anders.

Vielen Dank und viel Erfolg bei Ihrem Gastspiel in Trier!

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