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18.09.2018 Jana Ernst Jana Ernst
Die Toten Hosen am Bostalsee

Schönen Gruss, auf Wiederseh'n!

​Zwei Tage hintereinander haben Die Toten Hosen am letzten Wochenende den Bostalsee unsicher gemacht. Am ersten Abend, dem 14. September 2018, war hunderttausend.de mit dabei.

 
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​Schon um 17:30 Uhr stand mit den Argentiniern von Attaque77 die erste Vorband auf der Bühne. Die Toten Hosen gaben und geben sich bei dieser Tour nämlich nicht mit nur einem Support-Act zufrieden, sondern ziehen jeden Konzertabend wie ein eigenes kleines Festival mit jeweils drei Vorbands auf. Dementsprechend folgten dann pünktlich um 18:20 Uhr auch schon die Deutsch-Punk-Senkrechtstarter Feine Sahne Fischfilet. Abgelöst wurde die Band um Frontmann Monchi eine Stunde später, gegen 19:20 Uhr, von den Beatsteaks. Die ließen es sich nicht nehmen, einen kleinen Jungen aus den ersten Reihen des Publikums auf die Bühne zu holen. Der Achtjährige performte gekonnt und verdient sich damit eine Umarmung und einen Schmatzer von Sänger Arnim.

Für Punk-Konzerte eher ungewöhnlich, standen auch Die Toten Hosen genau pünktlich um 20:45 Uhr auf der Bühne, wo sie von dem inzwischen ordentlich aufgeheizten Publikum gebührend begrüßt wurden. Mit dem altbekannten „Auswärtsspiel“ begannen sie dann ohne Umschweife ihren Abriss. Und wie man die Toten Hosen so kennt, reichte es ihnen natürlich nicht, einfach nur die Setlist runterzuspielen, sondern sie hatten wie üblich wieder ein paar Überraschungen mit im Gepäck. So stand für ausgewählte Stücke das – so Frontmann Campino – „Michael-Gorbatschow-Gedächtnis-Quartett“ mit auf der Bühne. Die vier Streicher waren aber nicht nur zur instrumentalen Unterstützung dabei. Einer von ihnen wurde von Campino als unehelicher Sohn des AC/DC-Sängers Bon Scott vorgestellt. Ob die Geschichte seiner Herkunft – er sei während einer AC/DC-Geheimtournee auf der Krim gezeugt worden – das Ganze glaubhafter macht oder nicht, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Nicht zu leugnen ist allerdings, dass der junge Musiker, sehr zur Freude des Publikums, mit einer verblüffend authentischen Stimme den AC/DC-Hit „TNT“ zum Besten gab.

Für ein Toten-Hosen-Konzert ebenso obligatorisch wie zweifelhafte Storys  ist eine deutliche Positionierung gegen rechte Hetze. Als die Fans auf den Song „Willkommen in Deutschland“ mit „Nazis raus!“-Rufen antworten, erklärt Campino, das sei jedes Mal sein liebster Moment. Mehrmals unterbricht er an diesem Abend das Konzert um sicherzustellen, dass den Leuten ganz vorne im Pogo auch wirklich wieder auf die Beine geholfen wird, dass niemand schlapp macht und dass die Crowd-Surfer sicher beim Security-Personal ankommen. Böse Zungen könnten der Band fast Gutmenschentum vorwerfen – hätte diese nicht schon längst T-Shirts mit dem Aufdruck „Gutmensch – No one likes us / we don't care“ in ihren Shop gebracht.

Alles in allem lag der Fokus an diesem Abend wesentlich mehr auf alten Hits, wie „Halbstark“ oder „Liebeslied“. Das dürfte den eingefleischten Fans die Seele gestreichelt haben, zumal diese mit den letzten beiden Alben der Band mehrheitlich sehr unglücklich waren. Ein paar neue Stücke, wie „Unter den Wolken“ oder „Tage wie diese“ durften natürlich trotzdem nicht fehlen, sorgten aber bei genauem Hinschauen für einige verkniffene Gesichter im Publikum. Nichtsdestotrotz herrschte den ganzen Abend über eine sagenhafte Stimmung und so endete der Auftritt erst nach satten zweieinhalb Stunden mit den obligatorischen Abschieds-Titeln „Schönen Gruß, auf Wiederseh'n“ und „You'll never walk alone.“ Denn der geneigte Konzertbesucher weiß: erst wenn diese beiden Songs gespielt wurden, heißt es tatsächlich Abschied nehmen – egal wie oft die Toten Hosen vorher schon die Bühne verlassen haben. 

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