Stadtgespräch
24.01.2019 Jana Ernst  
Craftprotz

Die gelebte Biervielfalt in Trier

​​​​​Braumeister und Biersommelier Nikola Weiler hat im vergangenen Dezember seine Kreativbierbar Craftprotz in der Palaststraße in Trier eröffnet. Im Gespräch mit hunderttausend.de erzählt der gebürtige Ralinger, was ihn am Bier so fasziniert und warum Craftprotz der perfekte Ort für alle Bierliebhaber ist.

 
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hunderttausend.de: Im Dezember hast du in der Palaststraße die Bierbar Craftprotz ​eröffnet. Was genau kann man sich denn unter dem Namen „Kreativbierbar“ vorstellen?

Nikola Weiler: Der Begriff Craft Beer hat sich in den 70ern in den USA entwickelt und bedeutet übersetzt „handwerkliches Bier“. Darunter kann man eine Bewegung von Mikrobrauern verstehen, die den Bieren der amerikanischen Großkonzernen mit besonderen Bierkreationen entgegentraten. Der Begriff Craft Beer kann nicht 1:1 auf Deutschland übertragen werden, da wir hier eine gänzlich andere Bierkultur und Bierhistorie vorfinden und handwerklich hergestellte Biere immer schon Teil dieser Kultur sind. Daher passt der Begriff Kreativbier, also der Trend hin zu verschiedenen und besonderen Bierstilen, deutlich besser für den deutschen Markt. Kreativbier steht meines Erachtens für die gelebte Biervielfalt in Deutschland. Und genau das möchte ich auch mit meiner Kreativbierbar erreichen. Es soll ein Ort sein, an dem die enorme Vielfältigkeit an verschiedenen Bierstilen und -sorten erlebbar wird. Ich möchte das Bewusstsein schaffen, dass es neben dem klassischen Pils und Weißbier auch noch weitere interessante Bierspezialitäten gibt. Denn das ist den meisten Menschen überhaupt nicht bekannt, und das obwohl man immer mit Stolz über die deutsche Biergeschichte berichtet.

Wie bist du aufs (Craft)Bier gekommen? Und wodurch unterscheidet sich Craftbier vom „normalen“ Bier?

Das Thema Bier hat mich schon immer fasziniert. Nicht nur, weil ich es gerne getrunken habe, auch die geschichtlichen Hintergründe und die Bedeutung und die Rolle, die das Thema Bier in der Geschichte der Menschheit einnimmt sind faszinierend. Außerdem war ich bereits in der Schulzeit von den biochemischen Prozessen der Gärung beeindruckt. Daher habe ich mich nach dem Abitur auch für eine Ausbildung zum Brauer & Mälzer bei der Bitburger Brauerei entschieden. Danach bin ich für das Studium zum Diplom-Braumeister an die TU Berlin gewechselt. Dort hatte ich den ersten Kontakt zu hopfenbetonten Spezialitäten wie Pale Ale oder IPA und war sofort Feuer und Flamme. Man muss allerdings wissen, dass dies keine „neuen“ Bierstile sind. Die Craftbeerbewegung hat das Rad nicht neu erfunden, sondern in Vergessenheit geratene Bierstile und -sorten wiederbelebt. Daher gibt es für mich diese Unterscheidung in „normales“ Bier und Craftbeer nicht. Es ist und bleibt Bier, es sind selbstverständlich unterschiedliche Stile mit verschiedenen Herstellungsverfahren und auch geschmacklichen Ausprägungen. Manche Biere werden dabei nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut, andere nicht. Es ist faszinierend zu sehen wie vielfältig und kreativ Bier sein kann und welche geschmacklichen Facetten die unterschiedlichen Bierstile vorweisen können. Ohne überheblich zu klingen, aber da ist das Bier dem Wein deutlich überlegen. Allerdings wissen das die Wenigsten.

Darüber würde der ein oder andere Weinliebhaber sicher diskutieren! Wie hat sich dann die Idee einer eigenen Bierbar entwickelt?

Der erste Urlaub in den USA war ein einschneidendes Erlebnis. Dort sind sogenannte Beerbars oder auch Brewpubs schon seit etlichen Jahren eine feste Größe in der gastronomischen Landschaft. Als ich das erste Mal in einer solchen Bar mit 25 Zapfhähnen saß kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus und fragte mich warum es so etwas nicht in Deutschland gibt. In den letzten Jahren haben solche Barkonzepte auch in den deutschen Metropolen erfolgreich Fuß gefasst. Da ich sehr gerne meine Leidenschaft für Bier teile und anderen Menschen die großartige Biervielfalt näherbringen möchte, habe ich 2016 den Entschluss gefasst so etwas auch in Trier zu etablieren. Die Suche nach einer passenden Location hat sich allerdings etwas länger gezogen als erwartet, aber ich bin sehr froh jetzt in der Palaststraße fündig geworden zu sein.

Ist Craftprotz eher ein Ort für Experimentierfreudige oder auch für konservativere Biertrinker?

Unsere Kreativbierbar ist ein Treffpunkt für beide Gruppierungen. Wir haben uns voll und ganz der Biervielfalt verschrieben. Daher erstreckt sich unser Sortiment von klassischen Bieren bis hin zu abgefahrenen Spezialsuden. Uns ist wichtig, dass für jeden Geschmack etwas dabei. Hier kann sich jeder mal durchprobieren und sein Bier in gemütlicher und lockerer Atmosphäre genießen.

Welche Biere kann man bei dir trinken?

Wir haben immer unterschiedliche Biere von unterschiedlichen Brauereien. Wir werden definitiv immer ein paar Biere aus der Region und den angrenzenden Gebieten am Hahn haben. Darüber hinaus wird es überwiegend nationale Biere und eine ausgesuchte Auswahl an internationalen Bierspezialitäten geben: sowohl gezapft als auch aus der Flasche. Von einem klassischen Pils oder bayrischen Hellen über hopfenbetonte Pale Ales und IPA´s hin zu malzbetonten Portern oder Imperial Stouts wird es alles geben.

Hast du ein Bier auch zweimal am Hahn oder änderst du die Sorten ständig? 

Es wird nicht kategorisch ausgeschlossen, dass ein Bier auch ein zweites oder drittes Mal den Weg an unseren Zapfhahn findet. Das Konzept der rotierenden Zapfhahnbestückung werden wir allerdings vorerst beibehalten. Somit hat der Gast immer wieder die Möglichkeit neue Biere und Bierstiele zu entdecken. 

Woher nimmst du denn die immer neuen Biere? Als Privatperson kennt man ja oft nur die üblichen Verdächtigen.

Da ich selbst Braumeister bin und relativ gut in der Szene vernetzt bin, kenne ich natürlich einige meiner Kollegen persönlich. Einige meiner Kollegen schicken mir das Bier per Spedition oder bringen es persönlich vorbei. Daneben gibt es in Deutschland eine Hand voll bekannter Händler und Importeure, die mich mit diversen Spezialitäten versorg​en. Dadurch hat man immer eine gute Auswahl und kann immer wieder neue Biere anbieten. Ich schließe auch nicht kategorisch aus, Biere bekannterer Hersteller auf die Karte zu setzen. Das sogenannte „Industrie-Bashing“ wie es in der Craftbeer-Szene oft zelebriert wird unterstütze ich keinesfalls. Im Gegenteil, aus der persönlichen Erfahrung weiß ich wie hoch der Qualitätsanspruch einiger größerer Brauereien liegt. Daher suche ich meine Biere sorgfältig und gezielt aus, wichtig ist dass ich von meinem Gegenüber fachlich, persönlich und qualitativ überzeugt bin.“

Du bist ja Diplom-Braumeister. Braust du auch eigenes Bier? 

Aktuell braue ich noch nicht mein eigenes Bier. Für die Zukunft kann ich mir aber durchaus vorstellen in meiner Bar auch eigene Kreationen anbieten zu können. Der Plan sieht vor primär die Bar als Treffpunkt für alle Bierliebhaber aus der Region zu etablieren. Eigene Biere können dann folgen, Ideen habe ich ausreichend.

Und wie wird man eigentlich Biersommelier?

In der Ausbildung zum Brauer & Mälzer und während des Studiums zum Diplom-Braumeister lernt man vordergründig bei der sensorischen Prüfung des Bieres Fehlgeschmäcker zu identifizieren. Die geschmackliche Beschreibung der Biere bleibt hierbei allerdings etwas auf der Strecke. Daher bin ich auf die Weiterbildung zum Biersommelier aufmerksam geworden. Diese umfasst neben der geschichtlichen Betrachtung des Biers hauptsächlich die sensorische Beurteilung von verschiedenen Bierstilen und die entsprechende Präsentation in der Gastronomie. Das hilft mir dem Gast ein Bier leichter näher zu bringen oder ihm eine entsprechende Bierempfehlung anzubieten.

Und zuletzt - wenn man schon den Fachmann fragen kann: Was ist dein Lieblingsbier und was dein liebster Snack zum Biertrinken?

Das ist eine Frage, die man als Brauer oder Braumeister sehr häufig gestellt bekommt. Es kommt immer auf die Situation und die Bedingungen an. Ich trinke sehr gerne die unterschiedlichsten Biere. Da ich aus der Region komme und bei Bitburger meine Ausbildung absolviert bin ich mit einem sehr guten Pils aufgewachsen und trinke es immer noch gerne. Ich genieße aber auch gerne mal ein hopfenbetontes IPA zum Essen oder ein malzbetontes und leicht süßliches Stout zum Nachtisch. Der Biergenuss ist immer auch situationsabhängig.

Der passende Snack zum Bier ist selbstverständlich auch abhängig vom Bierstil. Es gibt eine Vielzahl an möglichen Food-Beer-Pairings. Käse ist allerdings ein sehr guter Begleiter für eine Vielzahl von Biersorten. Da man auch beim Käse eine enorme Vielfalt hat, findet man hier definitiv einen passenden Begleiter für das entsprechende Bier. Interessant wird es bei sogenannten Dessert-Bieren, die meist sehr komplex und im höheren Alkoholbereich angesiedelt sind. Hier ergeben sich jede Menge Möglichkeiten das Bier mit süßen oder schokoladigen Köstlichkeiten zu kombinieren.​

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg mit der ersten Bierbar dieser Art in der Region! 

Wer jetzt Lust auf ein gutes Bier bekommen hat, der kann zu den folgenden Zeiten bei Craftprotz vorbeischauen:

  • dienstags bis donnerstags: 17:00 Uhr bis 23:00 Uhr
  • freitags: 17:00 Uhr bis 02:00 Uhr
  • samstags: 14:00 Uhr bis 02:00 Uhr


Foto zVg: Nikola Weiler

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