Stadtgespräch
29.10.2015 Julia Nemesheimer Veranstalter
rainy days-Festival 2015

Suspense

​Auch in diesem Jahr steht der November wieder im Zeichen der "rainy days", des luxemburgischen Festivals für zeitgenössische Musik. Vom 24. bis 29. November 2015 finden zwölf Konzerte und zehn Performances mit vier Uraufführungen in der Philharmonie, der Cinémathèque, dem Mudam und den Théâtres de la Ville statt. 

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Das diesjährige Motto lautet "Suspense", laut Definition ein Begriff, der so viel bedeutet wie "in Unsicherheit schweben", in Bezug auf ein befürchtetes oder erhofftes Ereignis. Dabei gilt es, Suspense von Surprise zu unterscheiden - letzteres ist ein kurzer, unerwarteter Moment, ersteres hält jedoch länger an; meist weiß der Zuschauer mehr als die handelnden Personen, kann insofern das Geschehen vorhersehen und wird von der Erwartung des scheinbar Offensichtlichen gefesselt. Als "Master of Suspense" gilt Alfred Hitchcock. Daher liegt es nahe, dass der Regisseur und seine Werke eine Schlüsselrolle beim diesjährigen rainy days-Festival spielen. 

Besonders gespannt kann man also auf die drei Kompositionen sein, die zu den Hitchcock-Filmen "Blackmail", "The Lodger" und "Private View" geschrieben wurden. Ausgewählt wurden hierfür drei Komponistinnen, welche die im Film aufkommende Suspense in ihre Musik mit aufgenommen haben. 

So beginnt das Festival in der Cinémathèque mit dem Werk von Maja S.K. Ratkje, einer Norwegerin, die zur Stummfilm-Fassung des 1929 erschienenen Films "Blackmail" live mit der Trompeterin Hilde Holsen spielen wird. Vocals und elektronische Klänge stehen dabei im Vordergrund. Einen Tag später startet mit "The Lodger: A Story of the London Fog" das Festival auch in der Philharmonie. Tatsiana Zelianko hat hierfür die Musik komponiert und das Klavier in den Mittelpunkt gestellt, das über die gesamte Dauer des Stückes Spannung aufbaut. Unterstützung kommt von United Instruments of Lucilin. Am 27. November findet das Hitchcock-Thema mit Musik von Annelies van Parys ein Ende im Grand Théâtre. Ähnlich einer Art moderner Oper spielen und singen Orchester und Sänger vor einer Leinwand, auf welcher eine vom Kollektiv 33 1/3 aus Originalmaterial von "The View" zusammengesetzte Videoarbeit zu sehen sein wird. 

Daneben steht Helmut Lachenmann (Foto) im Fokus. Der Komponist feiert im Rahmen der rainy days seinen 80. Geburtstag und steht aus diesem Anlass auch auf der Bühne. Am 26. November spielt das Orchestre Philharmonique du Luxembourg gemeinsam mit Pierre-Laurent Aimard das Klavierkonzert "Ausklang" von Lachenmann, außerdem die "Symphonie N° 94" von Joseph Haydn. Einen Tag später ist Aimard erneut zu hören, wenn er Stücke von Karlheinz Stockhausen und Pierre Boulez zum Besten gibt. 

Am 28. November kann man in der Philharmonie das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg hören. Es gibt auch hier Lachenmann mit "Klangschatten" zu hören, außerdem ein Werk von Simon Steen-Andersen, einem dänischen Komponisten. Bei diesem Stück spielt vor allen Dingen ein aus acht Metern in die Tiefe stürzender Konzertflügel eine große Rolle. Des Weiteren spielt das SWR-Orchester die "Symphonie N°10" von Gustav Mahler. 

Am Abschlusstag gibt es mehrere Highlights, unter anderem spielt Luca Francesconi "Piccola Trama" im Mudam. Hierbei wird das Stück live kommentiert, um die Handlungsfäden der Musik aufzudecken. 

In der Philharmonie findet das Festival mit Enno Poppe seinen Abschluss. Er wird das ensemble mosaik mit eigenen Werken dirigieren und das Keyboard übernehmen, davor spielt das Streicherensemble Trio Recherche ein Werk von Pierluigi Billone, danach greifen Yaron Deutsch und Tom Pauwels zu E-Gitarren und spielen zwei Stücke, ebenfalls von Billone. 

Als letztes Konzert spielt das Klangforum Wien unter der Leitung von Enno Poppe dessen Werk "Speicher I-VI" für großes Ensemble. 

Neben den musikalischen Highlights gibt es auch Performance-Kunst von Georg Nussbaumer. Über die gesamte Länge des Festivals zieht sich die Aktion "Bogenübung. Die Pfeile des Heiligen Sebastian": Vor den Konzerten in der Philharmonie werden von Bogenschütze Roland Volk Pfeile auf ein im Foyer hängendes Cello geschossen, in Anlehnung an die acht Bilder der Legende des Heiligen Sebastian.

Außerdem finden mit der Sopranistin Sarah Maria Sun gleich zwei Performances statt: "Tristan und Apnoe", eine Art Duell zwischen der Sängerin und dem Apnoe-Taucher Dieter Baumann. Am 25. November wird im Foyer ein Becken aufgebaut sein, in dem das Mini-Drama um Ertrinken, Versinken, Untertauchen und die Luft des Atmens und Singens seinen Lauf nimmt. Einen Tag später dreht sich dann alles um die Mozartkugel bei dem Stück "Schönes Bildnis mit Mozarterwärmung". 

2000 fand das rainy days-festival zum ersten Mal statt und hat sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt. Gemeinsam mit anderen Kulturinstitutionen der Stadt Luxemburg organisiert die Philharmonie ein Programm, mit dem man inzwischen europaweit beachtet wird und ein wichtiger Fixpunkt für die Szene der Neuen Musik ist. 

​Den Festival-Pass gibt es für 45,00 Euro (27,00 ermäßigt), außerdem gibt es noch Einzelkarten für die jeweiligen Veranstaltungen. Bestellen kann man diese über die unten angegebene Internetpräsenz des Festivals. 

Foto: Emilio Pomarico

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