Interviews
07.11.2016 Vincenzo Sarnelli Simon Engelbert/PHOTOGROOVE
LEMO im Toni

"Jeder Song steht für sich"

​Am Mittwoch, den 09. November 2016 kommt LEMO erneut nach Trier. Nach dem umjubelten Auftritt im Vorprogramm von Mark Forster im Sommer, spielt der Österreicher im Club Toni am Domfreihof. Wir sprachen mit ihm im Vorfeld seines Konzerts über das Konzert beim Porta Hoch 3 Festival, seine Heimat Wien und warum er "Tomaten auf den Papst" werfen würde. 

 
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​hunderttausend.de: LEMO, Du müsstest Trier ja eigentlich noch in besonderer Erinnerung habe. Wie wars beim Porta Hoch Drei im Vorprogramm von Mark Forster vor 2600 Zuschauern vor einem der wichtigsten Wahrzeichen der Stadt zu spielen? 

Es war für uns das erste Mal, dass wir in Trier gespielt haben. Wir hatten auch die Gelegenheit uns ein bisschen in der Stadt umzusehen, was wirklich sehr schön war und konnten dann entspannt auf die Bühne gehen. Das Publikum hat uns von Anfang an sehr enthusiastisch empfangen – das war schon was Besonderes. Und die Kulisse war natürlich auch der Wahnsinn.
 
Ich kann mich erinnern, dass du das gesamte Konzert über ein ziemliches Grinsen auf den Lippen hattest. Ein Moment, auf den man jahrelang hingearbeitet hat?
 
Wenn das Publikum dabei ist, macht es einfach Spaß, auf der Bühne zu stehen. Live zu spielen ist für mich noch immer der wichtigste und schönste Teil meines Berufs.
 
Ich kann mich aber auch erinnern, dass ich dachte, dass man sich da ziemlich alleine fühlen muss, nur mit zwei Gitarren und zwei Stimmen…
 
Es ist natürlich etwas Anderes, ob man mit voller Band oder nur im Duo auf der Bühne steht. Es hat aber beides seinen eigenen Reiz. Ich habe das Gefühl, dass ein guter Song auch heruntergebrochen auf zwei Gitarren funktionieren muss. Und ich glaube, dass man mit dem Publikum teilweise sogar einen persönlicheren Kontakt aufbauen kann, wenn man sich so „nackt“ präsentiert.
 
Lass uns über Wien sprechen. Du hast der Stadt mit „Der Himmel über Wien“ einen Song gewidmet. Die Metropole wurde 2016 zum wiederholten Male Hauptstadt der Lebensqualität. Und du singst „Ich lass die scheiß Stadt hinter mir“. Wie kommts?
 
In diesem Song geht es nicht primär um die Stadt Wien. Vielmehr wird hier das Gefühl nach einer gescheiterten Beziehung beschrieben. Es geht um das Hinter-sich-lassen des Gewohnten und das Bedürfnis, neue Wege zu gehen. Wien ist eine austauschbare Kulisse für dieses Gefühl der Haltlosigkeit. Als Lebensmittelpunkt kann ich mir derzeit allerdings kaum eine bessere Stadt vorstellen.
 
Insgesamt: Bist du eher ein Stadt- oder Landmensch?
 
Die Kombination und Abwechslung machen es für mich aus. Ich könnte mir einerseits nicht vorstellen, wirklich auf dem Land zu wohnen, weil ich den Trubel und all die Möglichkeiten die eine Stadt bietet schon um mich brauche. Andererseits muss ich immer wieder mal raus um ein bisschen zur Ruhe zu kommen.
 
Derzeit ist Österreichische Musik, dank Bands wie Wanda oder Bilderbuch, wieder absolut en vogue. Woher kommt der Hype und wie empfindest du das als Landeskind?
 
Woher der Hype kommt, weiß ich auch nicht so genau. Vor allem, dass eine österreichische Band in Deutschland wirklich aufschlagen kann, hat es schon lange nicht gegeben. Ich denke, insgesamt wirkt es sich aber sehr positiv auf die ganze österreichische Musikszene aus und derzeit ist definitiv ein neues Selbstbewusstsein spürbar, das es in der Art wohl seit den 80er Jahren nicht mehr gegeben hat. Ich glaube, es hat schon immer gute Bands in Österreich gegeben, aber es ist denen einfach keine Plattform geboten worden, wodurch sich irgendwie ein Sound abseits des Mainstreams gebildet hat. Vielleicht klingt die österreichische Musik deshalb auch weniger glatt als beispielsweise der deutsche Mainstreampop.
 
Dein Album „Stück für Stück“ kam 2016. Ich habe gelesen, dass du schon 2013 mit der Entwicklung angefangen hast. Wie kam es dazu, dass der Prozess sich drei Jahre hingezogen hat?
 
Die ersten Songs habe ich glaube ich sogar schon 2011 geschrieben. Warum es sich so lange hingezogen hat, hat mehrere Gründe. Wir (ich und meine beiden Produzenten Lukas Hillebrand und Alex Pohn) haben uns bewusst Zeit genommen, um den „Lemo-Sound“ zu definieren. Wir haben schon lange bevor das Album rausgekommen ist viel live gespielt, um zu sehen, mit was wir uns wirklich wohlfühlen. Dafür habe ich sehr viele Songs geschrieben, wovon es einige auch nicht auf Album geschafft haben. Auch das braucht natürlich Zeit. Nachdem wir Anfangs auch kein Label hatten, gab es klarerweise auch Geld-bedingt Durststrecken, in denen weniger passiert ist.
 
Ich musste sehr beim Song „Tomaten auf den Papst“ lachen, um ehrlich zu sein. Du singst: „Ich schmeiß Tomaten auf den Papst für dich, wenn du das willst“. Gibts da eine Geschichte zu, oder brauchtest du einfach einen guten Reim zu „Ich fang Granaten wie Bruno Mars für dich“?
 
Tatsächlich war „Tomaten auf den Papst“ zuerst da. Wie genau ich darauf gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Irgendwann hatte ich diesen Satz einfach im Kopf und fand ihn als Liebeserklärung ganz lustig. Es ging mir einfach darum auszudrücken, was ich nicht alles für außergewöhnliche Dinge tun würde, um meine Liebe zu beweisen.
 
Ich finde das Album total interessant, weil es manchmal so leicht und lebendig (Vielleicht der Sommer), dann aber durchaus auch traurig und niederschmetternd ist (So leicht). Klar, du singst über das Leben und das ist sicher nicht immer rosig. Inwieweit ist die Songauswahl aber, grade auf einem Debüt-Album, eine Art Gratwanderung zwischen düster und traurig und Friede-Freude-Eierkuchen?
 
Lustigerweise waren gerade die beiden angesprochenen Songs auch die ersten beiden Veröffentlichungen. Marketingtechnisch vielleicht nicht besonders clever, wenn man davon ausgeht, dass man dem Publikum ein möglichst genaues, greifbares Bild bieten sollte. Aber ich denke, das ist vielleicht auch ein Bildnis für meine Arbeitsweise. Ich will mir keine Gedanken darüber machen, was wie bei den Leuten ankommt, sondern die Emotionen, die gerade da sind, in Songs packen. Deshalb heißt das Album auch „Stück für Stück“ – jeder Song steht für sich selbst und es ist eben kein Konzept dahinter.
 
Ich fand den Pressetext zu deiner Tour sehr interessant. Dort wurde dein Werdegang beschrieben, einige Jobs die du in der Vergangenheit gemacht hast (Bahnhofsreiniger, Pizzataxifahrer usw.) und dann stand am Ende des Absatzes: „Heute, viele Jahre und einige Bandprojekte später, weiß LEMO genau, wohin er will“.  Wohin denn?
 
Gute Frage. So genau weiß ich es vielleicht doch nicht. Ich denke ich bin momentan auf einem guten Weg und jetzt geht es darum, mit den nächsten Alben das ganze nochmal auf ein höheres Level zu heben. Sowohl was die Studioproduktionen als auch die Liveshows betrifft.
 
Ebenfalls steht dort: „Mit Musik schreibt er Tagebuch“. Jetzt ist das Tagebuch aber ja vielleicht eines der intimsten Dinge, die man von einem anderen Menschen lesen kann. Wie viel gibst du denn über die Musik von dir Preis?
 
Die Frage kann ich eigentlich nur zurückgeben. Ich habe teilweise von Leuten gehört, dass sie nach dem Hören meines Albums das Gefühl hatten, mich ein Stück weit zu kennen. Nachdem ich alle meine Songs selbst schreibe, kann ich gar nicht umhin, meine Persönlichkeit einfließen zu lassen. Ich glaube man merkt immer einen Unterschied, ob es in einem Song um echte Gefühle geht oder ob er einfach nur hingeschrieben ist. Von dem her gebe ich schon gerne einiges preis, wenn auch eventuell ein bisschen durch die Blume.
 
Lieber LEMO, wir freuen uns auf das Konzert am 09. November 2016. Vielen Dank für das Gespräch!

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