Interviews
21.11.2016 Vincenzo Sarnelli Veranstalter
Klaus Hoffmann in Echternach und Saarbrücken

"Die Aufregung hält jung"

​Mit seinem Album "Leise Zeichen" kommt Klaus Hoffmann am 25. November nach Echternach ins Trifolion und am 27. November 2016 in die Congresshalle Saarbrücken. Wir sprachen mit dem Chansonnier über sein Album, die Aufregung vor einer Tour trotz 40 Jahren Bühnenerfahrung und die politische Lage, die ihn auch musikalisch sehr beschäftigt. 

 
Image

​hunderttausend.de: In einer Welt, die so laut und populistisch ist wie noch nie, bringen Sie ein Album mit dem Titel „Leise Zeichen“ raus. Klingt paradox…

Klaus Hoffmann: Ich hab die Aussage erst so richtig verstanden, als das Album fertig war. Es ist nicht paradox. Die Stille, die leisen Momente, die Zeichen, die ich versuche zu beschreiben, sind ja nicht das Ende, sondern eher eine der wenigen Türen, die wir noch haben. Sie sind auch nicht unsichtbar. Das sind Verabredungen mit Menschen. Es ist auch vielleicht einfach das althergenommene Glaube, Liebe, Hoffnung. Es ist die leise Revolution. Und dafür ist es unbedingt Zeit. Wenn man sich die politische Dimension anschaut, dann ist dieser Populismus auch nichts neues. Er äußert sich öffentlicher und formiert sich derzeit wieder. Und in diesem Gedankengang ist mein Album tatsächlich ein Teil der anderen Seite. 

Inwieweit werden denn diese „Leisen Zeichen“ überhaupt noch wahrgenommen?

Gerade da. Ich schöpfe da natürlich auch aus meinem Leben. Ich habs vor allem bemerkt, wenn ich im Ausland war und die Sprache nicht konnte. Ich glaube, wir dachten, dass wir uns eine Gesellschaft schaffen, in der wir uns mit unserem menschlichen Habitus einfach durchsetzen. Doch aufgrund der Globalisierung gibt es eben auch die andere Seite. Und da muss man hinschauen. Und wenn sich die Welt immer mehr aufteilt in arm und reich, dann werden wir auch noch größere Probleme kriegen. Aber mein Album sollte eigentlich nicht so weisend sein. Ich bin keiner, der so eine Fahne hoch hält. Ich gebe einfach ein Stück Hoffnung weiter, dass das, was ich sage, auch stimmt (lacht). 

Sie haben in Ihrem Leben viele Reisen unternommen, unter anderem zweimal nach Afghanistan. Dennoch sind Sie immer wieder nach Berlin zurück gekehrt. Hatten Sie nie die Sehnsucht danach, woanders zu leben?

Ich hatte immer mit meiner Herkunft zu tun, weil ich dachte, dass ich unvermögend und unvollkommen bin. Das ich mit dem, was ich bin, nicht zufrieden war. Aber das sind meine Wurzeln. Man findet dort Dinge, die einen verpflichten. Ich hab immer davon geträumt, dass Paris, London oder New York es sind. Obwohl ich noch nie in New York war. Da erhalte ich mir so ein letztes Klischee. Man kommt aber immer wieder zurück zu seinen Wurzeln, weil sie dich innerlich geprägt haben. Der Ort ist zufällig.

Wurzeln, die Sie auf den Boden der Tatsachen zurück geholt haben?

Klar. Jeder erdet sich anders. Wenn man diesen Job hat, der völlig absurd ist. Ich war sehr gesegnet, mit 24 berühmt zu werden mit dem Film. Und dann sieht man gut aus und die Mädels sind hinter dir her. Na, damit musst du erst mal umgehen. Ich bin schon eine Weile geflogen. Und da braucht man irgendwann die Erde. Dieses Wesentliche zu benennen, ist für die Sänger das Wichtige. Die Frage ist, ob wir uns eher mit der Dummheit anfreunden heutzutage oder ob wir die Herzenssprache wieder entdecken müssen. Das ist aber auch wieder so weisend, ich würde vermutlich gleich wieder auf Abstand gehen, wenn mir das einer erzählen würde (lacht). 

„Das Ende aller Tage“ ein Song über Flüchtlinge. Sie stellen dort die Frage „Wem gehört die Welt?“ Hoffen Sie, irgendwann die Antworten auf solche große Fragen zu finden? 

Ich glaube, jeder findet das in seinem Leben. Ich hab mich gedrückt und immer eine Suche beschrieben, weil mir die Erklärung und das Dogmatische zu wenig war. Aber man findet die Antworten schon. Ich hab immer mit Angst reagiert, bis ich kapiert habe, dass derzeit nur vieles hochgeschwemmt wird, was immer da war. Und die Erklärbarkeit durch die Medien ist viel schneller und die Antwortgeber sind direkt da. Wir hatten in den 60ern das Glück, dass da Leute, die barfuß und in bunten Klamotten durch die Gegend liefen und 200 Mark im Monat hatten, ein Attribut hatten. Das fanden alle toll. Heute kann man sich sowas nicht mehr erlauben, diese Art der Suche. 

Diese Woche beginnt Ihre Tour, die Sie auch nach Luxemburg und Saarbrücken führt. Sie sind ja nun bereits seit 40 Jahren auf den Bühnen unterwegs. Ist man da vor einer Tour noch nervös, angespannt, aufgeregt? Wie bereitet man sich vor?

Ja, furchtbar. Ich komm grade vom Osteopathen (lacht). Ich bin ja mit diesem 50er-Jahre-Credo aufgewachsen: Du bist nie genug. Du musst Ergebnisse liefern. Man fängt immer an sich zu vergleichen. Aber den Strom, den man hat, dass die Leute kommen, dass man gut ankommt. Dass die Musiker locker sind. Dass das Programm stimmt. Dass wir etwas herstellen, eine Antwort auf eine Frage, die vorher gar nicht gestellt worden ist. Das wäre toll. Und da ist man dann natürlich aufgeregt. Und das erhalte ich mir auch. Das macht einfach jünger. 

Und wie ist es nach der Tour? 

Wir machen dann gleich weiter. Ich freu mich natürlich auf Ferien, wo ich mit meinen Freunden zusammen hocke, zunehme und zu viel trinke (lacht). Auf dieses Fallenlassen freue ich mich. Aber dann schmieden wir schon wieder neue Pläne. Ich glaube, ich werde mein Leben lang sowas machen. Spielen, singen, schreiben. Es ist wichtig, dass man wach ist und sich bewegt und das Leben annimmt. Es ist ein großer Luxus. Es gibt Leute, die sind mit ganz anderen Problemen konfrontiert. Es kommt natürlich auch auf die soziale Situation an, in der man lebt. Die Welt steht derzeit so auf der Kippe. Ich hab in meinem Programm einen Satz, der ist total gut: „Wem glaubst du mehr, einem kommunistischen Vollidioten oder einem kapitalistischen Vollidioten“. Diese Differenzierung, die müssen wir wieder benennen. 

Sie sind dieses Jahr 65 geworden. Freuen Sie sich also besonders auf nächstes Jahr? Udo Jürgens sang doch: Mit 66 Jahren, fängt das Leben an. 

Ach du meine Güte. Meine Freunde sind alle zehn Jahre älter und die reden ganz anders. Ich hab zuletzt nochmal an Udo gedacht. Ich bin ihm ja in meinem Leben ein paar Mal begegnet. Heutzutage gibts kaum noch alte Sänger. Aznavour bewundere ich immer noch. Der ist, glaub ich, 94. Man muss einfach froh sein, dass man am Leben ist und den Reichtum besitzt auf die Bühne zu gehen und zu spielen. Das vergesse ich oft. Dabei war das mein Traum. Dieser Zuspruch, dass man älter wird. Der ist sehr wichtig. 

Herr Hoffmann, Vielen Dank für das Gespräch!

Foto zVg: Popp Concerts

Bildgalerie



Karte anzeigen