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06.07.2016 Julia Nemesheimer Veranstalter
Jesus Christ Superstar

Jesus 2.0

​Jesus Christ Superstar kennen viele als Rockoper der 70er Jahre, geschrieben vom inzwischen als Hitgaranten bekannten Andrew Lloyd Webber mit Texten von Tim Rice. Angelehnt ist die Story an die letzten sieben Tage im Leben Jesu. Das teatrier macht, getreu dem Motto "Verrückt euch", vieles anders. hunderttausend.de hat sich die Neuinszenierung angesehen. 

 
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Die Frage in den 70ern lautete: Was für eine Bedeutung hat Jesus' Starkult und wie sähe dieser aus, würde der Messias in der Neuzeit leben? Im Theater Trier wird die Frage, noch immer von großer Aktualität, jetzt ins 21. Jahrhundert weitergegeben. Und tatsächlich schafft Regisseur Martin G. Berger es, das Gefühl des neuen Jahrtausends, der permanenten digitalen Hyperpräsenz und des Personenkultes hervorragend umzusetzen. Denn auf der von Sarah-Katharina Karl entworfenen Bühne, die zweigeteilt ist, ebenso wie die Zuschauerränge, verfolgt man auf der einen Seite das öffentliche Leben des JCS mit Greenscreen, Kameras, Büro und Live-Band und auf der anderen Seite das Backstage-Leben. Etliche Menschen drängen sich auf der Bühne, neben den Hauptdarstellern viele Tänzer, eine Chor und Techniker beziehungsweise Kameramänner. Ein wenig kann man da schon den Überblick verlieren. Doch als wäre das nicht genug, hat man große Leinwände, damit sich verfolgen lässt, was auf der jeweils anderen Bühnenseite passiert und man Szenen auf der eigenen Seite in der Nahaufnahme betrachten darf. Auf eben dieser Leinwand läuft eine deutsche Übersetzung der englischen Texte mit, die teilweise doch zu wünschen übrig lässt. Aber so viel Zeit hat man bei all dieser medialen Überforderung gar nicht, um sich damit groß auseinanderzusetzen. Sollte einem zwischendurch der Kopf noch nicht genug schwirren, kann man sich auch mal die PC-Bildschirme von Kaiphas (Christopher Ryan) und Hannas (Vini Gomes), die als skrupellose Manager auftreten, anschauen - zumindest wenn man in Block A sitzt. 

Kurz zur Story: Es geht um den weltweiten Star Jesus Christ (David-Michael Johnson), der, umringt von einer riesigen Crew, Fans und seinen Jüngern aka besten Freunden, über alle aktuellen Kanäle der bekannten Social Media etliche Anhänger findet und seit drei Jahren eine steil nach oben zeigende Karriere verfolgt. Doch seine Manager sehen eine Gefahr, die von ihm als Massenphänomen, das von seinen Fans als Gott angesehen wird, ausgeht, und möchten ihn so schnell wie möglich ausmerzen. Judas (Sasha Di Capri) hängt noch immer dem alten Plan an, die Armut zu vertreiben, Kranke und Leidende zu heilen und verrät schließlich Jesus. Wie bekannt, ist alles vorhergesehen und das Stück endet in der Kreuzigung des Messias beziehungsweise in der vorliegenden Fassung in der Auferstehung. Die quasi Love-Story mit Maria Magdalena (Sidonie Smith) darf natürlich ebenfalls nicht fehlen. 

Alles in allem ein interessanter Ansatz, der vor allen Dingen durch die hervorragende gesangliche Darbietung der Musical-Darsteller überzeugt, allen voran die beiden Hauptdarsteller David Michael Johnson und Sasha Di Capri, wobei auch Sidonie Smith sich definitiv nicht verstecken muss. Überraschungsfaktor ist sicherlich der Chor, der aus dem Publikum heraustritt und die fanatischen Anhänger JSCs sehr authentisch darstellt. Carin Filipčić hat als Herodes nur einen kurzen Auftritt über die Länge von einem Song, weiß hier jedoch auf ganzer Linie zu überzeugen und auch Norman Steht als Pilates trifft den römischen Statthalter und dessen Zerrissenheit sehr gut. Auch die Live-Band sei an dieser Stelle zu erwähnen. Dean Wilmington hat die Stücke neu arrangiert und ausgesprochen mutig um einiges gekürzt. 

Ob nun Block A oder Block B zu favorisieren sind, ist nicht so einfach festzustellen. Aus sicherer Quelle ist zu verlauten, dass der Ton auf der Backstage-Seite (B) besser sein soll. Ein Besuch lohnt sich aber sicherlich. Die Gelegenheit bietet sich an einigen Terminen im Juli, dienstags, mittwochs und donnerstags können Studierende die Vorstellung übrigens im Rahmen des KulturSemesterTickets fast kostenlos besuchen. 

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