Interviews
20.07.2016 ttm - Trier Tourismus und Marketing teatrier
Interview mit Victor Puhl zu "Helden und Tyrannen"

„Die Atmosphäre ist das Wichtigste“

​Am Freitag, den 22. Juli 2016, kommt es vor der Porta Nigra zum großen Kampf zwischen "Helden und Tyrannen". Gemeint ist ein musikalisches Aufeinandertreffen bei einem wunderbaren Picknick Konzert mit dem Philharmonischen Orchester Trier. Die TTM hat mit Chefdirigent Victor Puhl über über die Faszination nach Extremen, die Ausarbeitung des Programms und seinen eigenen Wünschen für den Abend gesprochen. 

 
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​TTM: Ein kostenloses Open Air vor der Porta Nigra - sicherlich auch für Sie ein besonderer Abend. Was haben Sie gedacht, als Sie von diesem Plan hörten? 

Victor Puhl: Ich war sofort begeistert! Seit Jahren ist es ein Traum von mir gewesen, vor der Porta Nigra ein Konzert zu dirigieren.
 
Wie sind Sie bei der Auswahl des Programms vorgegangen?
 
Die Grundidee war es, ein breites Publikum zu erreichen: Von Klassik bis hin zur Filmmusik sollte für jeden Geschmack etwas dabei sein. Von Anfang an hatte ich dabei den Triumphmarsch aus „Aida“ im Auge, außerdem die Ouvertüre zu „1812“, ein Stück, in dem der Krieg Napoleons gegen die Russen thematisiert wird. Und da Napoleon schließlich die Porta gerettet hat, war die Verbindung sofort da.
 
In Ihrem nun ausgearbeiteten Programm stößt Spartacus auf Darth Vader, Carmen auf Mephisto und der Pate auf Otello. Sind Sie denn auch Fan der modernen Heldenepen, wie sie Hollywood erzählt, oder fasziniert Sie daran in erster Linie die Musik?
 
Ja natürlich, als Jugendlicher war ich ein sehr großer Science Fiction-Fan. Ich bin mit „Krieg der Sterne“ groß geworden und mit „Der Pate“. Für mich geht es aber um alle Helden: um die Helden der Oper, im Film und im wahren Leben. John Williams‘ Musik zu „Schindlers Liste“ ist für mich eine Hommage an die echten Helden - und darüber hinaus ist es einfach ein wunderbares Stück.
 
Wie lange arbeiten Sie und Ihr Orchester an einem solchen Programm? Ergeben sich bei einem solch außergewöhnlichen Zusammenstellung auch Spannungsbögen, die zuvor nicht vorauszusehen waren?
 
Ich arbeite zwei bis drei Wochen an der Zusammenstellung des Programms; sechs Proben sind mit dem Orchester angesetzt. Spannungsbögen ergeben sich vor allem daraus, dass wir bestimmte Stücke wie die Ouvertüre zu Tschaikowskys „1812“ noch nie zusammen aufgeführt haben. Auch „Krieg der Sterne“ und die „Arie des Mephisto“ sind für uns neu.  
 
Beim Konzert werden die Zuschauer auf selbst mitgebrachten Decken und Stühlen sitzen, Sie selbst haben das Konzert als "Picknickkonzert" bezeichnet, weil es bewusst offen für alle und in gewollt lockerer Atmosphäre stattfinden soll. Eine tolle Idee - trotzdem natürlich ungewohnt für ein Philharmonisches Orchester. Gab es da am Anfang Berührungsängste?
 
Überhaupt nicht. Ich finde es extrem schön, die klassische Barriere zu durchbrechen, einen engen Kontakt zu haben. Bei einem solchen Sommerprogramm ist die Atmosphäre das Wichtigste. Alle sollen sich entspannen. Mir ist wichtig, dass das Publikum spürt: Dort auf der Bühne, das sind ganz normale Menschen wie Du und Ich, die einfach Musik zusammen machen.
 
Was fasziniert einen Dirigenten am Thema "Helden und Tyrannen"?
 
Das Thema „Helden und Tyrannen“ ist ein Dauerthema in der Musikliteratur, vor allem in der Opernliteratur, und es hat sich in der Oper unserer Zeit, in der Filmmusik, fortgesetzt. Der Mensch hat sich ja nicht verändert: Es gibt in ihm immer das Streben nach Extremen, die Faszination für Andere, die sich über das Normale erheben, sei es nun durch die gute oder durch die böse Tat. Mich selbst fasziniert es, darin die Balance zu halten. Und das habe ich auch beim Programm versucht. Oskar Schindler ist zweifellos ein Held, Mephisto zweifellos der Teufel. Aber bei anderen ist es nicht so klar. Bei Napoleon kann man sich beispielsweise sehr gut streiten, zu welcher Gruppe er gehört. Und bei „Star Wars“ geht es schließlich auch um beide Gruppen. Der Mensch ist immer zum Guten zum Bösen, fähig. Wichtig ist, dass man den Mittelweg findet.
 
Bei schlechtem Wetter wird das Konzert ja leider ausfallen. Haben Sie für diesen - hoffentlich nicht eintretenden - Fall einen Plan B?
 
Nein. Es gibt keinen Plan B, weil es keinen geschlossenen Raum gibt, der uns eine vergleichbare Atmosphäre wie vor der Porta Nigra geben würde.
 
Was ist Ihr Wunsch für diesen Abend? Oder anders gefragt: Was wäre das Schönste, was die Besucher nach dem Konzert zu Ihnen sagen könnten?
 
Bitte wiederholen Sie das Konzert im nächsten Jahr.
 
Lieber Herr Puhl, herzlichen Dank für das Gespräch.

Das Konzert beginnt um 20 Uhr vor der Porta. Sitzgelegenheiten und Decken können frei mitgebracht werden. Bei schlechtem Wetter fällt das Konzert aus. 

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