Interviews
03.07.2016 Julia Nemesheimer  
Faderhead

"Die Zukunft wird melodiöser"

Bald ist es soweit, am 23. Juli öffnet das Amphi-Festival in Köln seine Pforten. Zeit, sich mit den auftretenden Künstlern näher zu beschäftigen: hunderttausend.de hat sich im Vorfeld mit Faderhead unterhalten. 

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hunderttausend.de: Unser Portal ist kein Szene-Magazin, daher werden Dich die wenigsten Leser kennen. Magst Du Deine Musik für potentielle neue Hörer beschreiben?

Faderhead: Faderhead ist harter Elektro mit eingängigen Vocals. Das klingt in etwa so, als hätte der Hulk Sex mit Paris Hilton. Manche Leute sagen auch, Faderhead klingt wie eine Mischung aus Daft Punk und Rammstein. Allerdings gab es immer auch eine ruhigere Seite und nach zehn Jahren harten Elektrobeats wird sich die Zukunft mehr in poppigeren Gefilden abspielen. Das geht dann mehr in Richtung Depeche Mode…

2016 kam Dein achtes Album in zehn Jahren auf den Markt, das ist ein enormer Output. Woher kommt diese Fülle an Material?

Ich bin Musiker und werde das auch immer sein. Das heißt, wenn ich die Wahl habe zwischen Fernsehen und Musik machen, mache ich lieber Musik. Wenn ich die Wahl habe zwischen Facebook und Musik, mache ich lieber Musik. Und weil ich alleine arbeite, werde ich nicht durch andere Musiker aufgehalten. In Bands, in denen mehr als eine Person Songs schreibt, wird ja sehr oft mehr über die Musik gestritten als welche gemacht.

Hast Du manchmal die Befürchtung, dass Qualität gegen Quantität verlieren könnte?

Nein, warum sollte das so sein? Ich finde, wie gesagt, zehn Songs pro Jahr zu schreiben nicht spektakulär. Das ist weniger als ein Song pro Monat. Wer das nicht hinkriegt, kann sich wirklich nicht ernsthaft als Musiker bezeichnen.

Wie hoch ist der Druck für Dich, nach Erfolgen, sei es mit "TZDV", "Dirtygrrrls/Dirtybois" oder "A Fistful of Fuck You", etwas Äquivalentes zu veröffentlichen?

Es gibt keinen Druck. Nach dem Erfolg von "Dirtygrrrls/Dirtybois" habe ich absichtlich was komplett anders Klingendes gemacht und dabei kam "TZDV" raus. Nach zwei solchen Dance-Hits habe ich dann erst Mal 'ne EP nur mit Balladen und ein Konzeptalbum rausgebracht. Also ganz bewusst das Gegenteil davon, "auf Krampf" etwas zu machen.

In Deinen Songs und Videos benutzt Du einige Elemente, die von "der schwarzen Szene" verachtet werden, wenn sie im popkulturellen Kontext erscheinen. Steckt dahinter mehr als Provokation?

Nein. Ich kann nicht beeinflussen, was jemand verachtet.

Die Kritiken für FH-X waren zunehmend positiv, durch das Internet bekommt man ja nahezu ungefiltert alles an Kritik ab. Wie gehst Du mit dem Feedback um?

Ich lese weder meinen Facebook- noch meinen Twitter Account regelmäßig, selbst, wenn ich dort ab und zu poste. Reviews lese ich ebenfalls schon lange nicht mehr. Von daher kann ich noch nicht mal sagen, wie die Kritiken für "FH-X" ausgefallen sind. Im Internet hat jeder Depp die Möglichkeit, Dinge zu sagen, die keinerlei Basis haben. Vor diesem Hintergrund ist es mir völlig egal, was wildfremde Leute meinen. Vor allem, weil die Typen, die am lautesten zetern, die Platten sowieso nicht kaufen und noch nie auf einem Konzert waren. Denen zuzuhören macht keinen Sinn. Siemens kümmert sich ja auch nicht darum, was die Vereinigung Veganer Fahrradfahrer über ihre Telefonanlagen sagt (lacht). 

Warum fallen viele Deiner Reaktionen auf Kommentare sehr direkt und oftmals etwas schroff aus?

Tun sie das? Eventuell bist Du nur zu empfindlich?

Bei YouTube oder Soundcloud findet man auf offiziellen Kanälen richtig viel Material von Dir und Du scheinst nichtmal ein Problem damit zu haben, wenn sich jemand Deine Alben illegal besorgt. Woher kommt diese mehr als liberale Einstellung?

Weil es mir nie ums Geld verdienen ging, sondern darum, möglichst viele Personen mit meiner Musik zu erreichen. Die Personen, die sich die Tracks illegal runterladen wollen, tun es sowieso. Also sorge ich lieber dafür, dass jeder, der die Musik sucht, sie auch finden kann. Ich schlage mir manchmal vor den Kopf, wenn ich auf die Website einer Band gehe und ich finde dort weder einen Player, noch YouTube-Videos, noch irgend eine andere Möglichkeit, mir die Musik anzuhören. Jeder kann heute überall und ständig alles hören. Also mach ich es den Leuten leicht, das zu finden, was sie hören wollen. Wer es kaufen will, weiß, wo iTunes oder Amazon sind.

Im Juli spielst Du auf dem Amphi-Festival in Köln, eine der wichtigsten Veranstaltungen in der Szene. Von einigen Leuten habe ich jetzt schon gehört, dass die Rückverlegung in den Tanzbrunnen und die Limitierung auf 12.000 Gäste dazu führt, dass einige dem Event eher negativ gegenüberstehen. Wie stehst du zur "Heimkehr"?

Mir ist das egal. Ein Konzert ist ein Konzert. Aber die Leute jammern eh immer. Zu warm, zu kalt, zu hell, zu dunkel, zu viel Rock, zu wenig Rock, zu laut, zu leise, immer die gleichen Bands, zu wenig Oldschool, zu viele Klamotten von x-tra-x, zu viele Cybers, zu wenig The Cure und vor allem schon wieder dieser Faderhead (lacht). Ich denke mal, dass das Amphi wie immer ausverkauft sein wird und von daher können die Leute so negativ sein, wie sie wollen. Ist ja ihr eigenes Leben, das sie mit ihrem Gejammer verschlechtern.

Wie sieht Dein Festival-Tag aus?

Frühstücken, zum Festival rüber gehen, mit befreundeten Musikern quatschen, aufwärmen, Show spielen, relativ direkt danach zurück nach Hamburg fahren.

Bist Du lieber als Besucher oder Künstler auf solchen Veranstaltungen?

Als Künstler. Ich sehe mir privat nur sehr wenige Konzerte an und bei einem Festival sind fast nur Bands, deren Musik ich nicht höre, selbst wenn ich mit den Musikern befreundet sein sollte oder wir schon zusammen auf Tour waren. Von daher wird man mich nur höchstselten mal als Gast irgendwo sehen.

Zehn Jahre Faderhead - Was hast Du noch für Ziele mit dem Projekt? In einem anderen Interview von 2015 klang es ja eher so, als wärst Du über die Fortsetzung nicht sicher.

Ich bin mittlerweile, genau wie meine Hörer, älter geworden und nach zehn Jahren harter Beats und Geschrei reichts dann auch mal. Wie schon am Anfang erwähnt, wird es also in Zukunft melodiöser weitergehen, wozu die Tour mit Covenant im November ja auch passt. Die zusammen mit dem letzten Album veröffentlichte "The Universe Has Spoken"-EP ist da ein guter Vorgeschmack: https://faderhead.bandcamp.com/album/the-universe-has-spoken

Foto zVg: Faderhead 

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