Stadtgespräch
19.05.2015 Julia Nemesheimer  
bühne1 präsentiert "Play Loud"

"Wir sind keine Laien"

​​​Es ist wieder soweit: Die diesjährige Inszenierung des studentischen Kooperationsprojekts "bühne1" steht kurz vor der Premiere. Ab dem 23. Mai 2015 ist  das Stück "Play Loud" von Falk Richter auf der Studiobühne des Theaters zu sehen . hunderttausend.de hat sich mit Michael Gubenko, der auch in diesem Jahr für die Inszenierung verantwortlich ist, im Vorfeld zum Gespräch getroffen.​

 
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In der Spielzeit 2008/09 begann die Kooperation zwischen Studierenden der Hochschule, der Universität und dem Theater. Seitdem wird mit professioneller Begleitung ein Stück pro Saison inszeniert. 
In diesem Jahr widmet man sich dem Stück "Play Loud" von Falk Richter, der zu den wichtigen zeitgenössischen Theaterregisseuren und Dramatikern gehört. Seit 1994 arbeitet er an vielen renommierten nationalen und internationalen Bühnen. "Zwischen den Spielzeiten lese ich immer etliche Drehbücher, um etwas Passendes für uns zu finden. Im Hinterkopf hat man auch immer das Publikum und dessen Interessen, aber der wohl wichtigste Faktor, der gerade auch für dieses Stück sprach, ist, dass man etwas Neues und Frisches auf die Bühne bringt. Natürlich kann man auch zum x-ten Mal den Faust inszenieren, aber das ist nicht unser Anspruch", so Gubenko. Tatsächlich hatte "Play Loud" seine Uraufführung 2011 in Brüssel in französischer Sprache, auch wenn der Ursprungstext deutsch ist. Seitdem ist es noch nie in Deutschland gespielt worden. "Die Herausforderung ist es, etwas neu zu machen und gerade auch unseren jungen Zugang dafür zu finden. Wir haben dabei auch die Hoffnung, etwas frischen Wind ins Theater Trier zu bringen." bühne1 widmet sich insgesamt vorwiegend experimentellen, innovativen Bühnenproduktionen und orientiert sich dabei an den zeitgenössischen Tendenzen der deutschsprachigen Theaterszene. So möchte man in der Universitätsstadt Trier eine Lücke schließen, die nur selten vom Theater selbst gefüllt wird. 

Michael Gubenko fasst das Stück folgendermaßen zusammen: "Play Loud handelt von der Begegnung, dem Zwischenmenschlichen - vom Suchen, Finden und sich Verpassen. Es beginnt mit der oft bemühten Trennungsphrase 'Es hat nichts mit dir zu tun', ohne dass man erfährt, warum genau das Paar sich trennt. Man hat also keinen genauen Anhaltspunkt, was der Anlass dafür war. Die Frage stellt sich also, wer Schuld daran hat. Alltag, Umfeld, die heutige Zeit, ökonomische oder politische Faktoren, die scheinbar keinen Platz mehr für feste Beziehungsgeflechte lassen. Diese Motive werden aufgegriffen und dargestellt, ohne jedoch eine Lösung dafür zu präsentieren, was bei all der Komplexität auch gar nicht möglich wäre. Der Zuschauer selbst ist dann frei, das mitzunehmen, was er als sinnvoll erachtet, oder eben zu sagen, dass es auch ganz anders funktionieren kann. Denn das ist ja das Schöne, das Positive, dass der Mensch es ja doch nicht ohne den anderen schafft. Und das Scheitern und das Aufstehen, eben das Ambivalente, das macht dieses Stück aus."

Durch den großen studentischen Anteil im Publikum ist es naheliegend, ein Stück auszuwählen, das tatsächlich jeden beschäftigt. "Gerade Beziehungen sind einfach das Thema unserer Generation. Wir wollen nicht philosophisch von der Kanzel herab predigen, sondern dem Publikum einen Identifikationsraum bieten. Die Studienphase ist der Zeitpunkt, in dem man erwachsen wird und 'fertig' werden muss - sowohl beruflich als auch finanziell und privat. Kaum einer kann diesen Ansprüchen vollkommen gerecht werden und so muss man sich diesen Problemen und Fragen stellen."

Auf der Bühne stehen lediglich zwei Schauspieler, Till Thurner und Lea Walde, sowie drei Musiker. Letztere greifen auch mit in die Handlung ein. Neben eingespielter Musik von CD in Form von kurzen Auszügen sind 80 Prozent der Musik selbst geschrieben und nur für dieses Stück konzipiert. "Die Band gibt es für den Zeitraum der Produktion wirklich. Es wird eine CD, eine Art Soundtrack, geben, die man sich, vermutlich gegen eine freiwillige Spende, mitnehmen kann."

Man merkt also schon, dass die Mitwirkenden ihre Aufgaben sehr ernst nehmen und als Kollektiv zusammenarbeiten. Zustande kommt der enge Zusammenhalt auch durch die professionelle Begleitung: "Wir haben jedes Jahr ein spannendes theaterpädagogisches Programm. Als Teil der Proben erlernen wir Sprachtechniken und viele Skills, die man auch bei der  Schauspielausbildung erhält. Wir lernen uns selbst als Schauspielerkörper kennen."
Und eben diese vielen Fähigkeiten und vor allen Dingen auch die vielen Stunden, die das Ensemble gemeinsam bei den Proben verbringt, lassen Gubenko den Begriff 'Laie' bitter aufstoßen: "Für mich hat das immer einen negativen Beigeschmack. Laienschauspieler sind für mich Leute, die sich einmal die Woche treffen und gemeinsam einfach viel Spaß haben. Wir hingegen machen das ehrenamtlich neben unserem Studium und normalem Leben. Wir sehen uns in der heißen Phase vor der Premiere fast jeden Tag der Woche und durch szenischen Unterricht, Sprachausbildung und vielem mehr sind wir ja eher Experten für das aktuelle Stück. Natürlich sind wir keine fachausgebildeten Schauspieler, Regisseure oder Dramaturgen - aber diese Form der Expertise schließt den Begriff 'Laie' eigentlich aus. Auch studentisches Theater trifft es nicht richtig, denn dafür ist es zu gut und wir stecken zu viel da rein. Kategorisieren ist immer schlimm, aber das Label muss man wohl trotzdem mit tragen, wobei ich die Hoffnung habe, dass unser Publikum erkennt, dass wir mehr als Laien sind."

Auch hinter den Kulissen greift man auf Experten zurück: Die Hochschule bietet mit Modedesign und vielen weiteren Studiengängen etliche Möglichkeiten der Zusammenarbeit, beispielsweise Nadja Szymczak, die für die Kostüme zuständig ist, und Modedesign studiert. "Unsere letzte Bühnenbildnerin Angela Weyer arbeitet beispielsweise inzwischen am Schauspielhaus Bochum und das ist für uns eine große Anerkennung unserer Arbeit. Das ist für uns alle ein großes Kompliment."

Für das kommende Jahr unter neuer Leitung gibt es zwar noch keine Gespräche, aber Michael Gubenko hofft natürlich auch auf weitere, konstruktive und produktive Zusammenarbeit: "Sibelius ist zwar offen für die Zusammenarbeit mit der freien Szene, aber es stellt sich halt die Frage, ob wir zur 'Freien Szene' gehören oder ob wir als Ballast angesehen werden, der aus der Spielzeit Weber/Oppermann übrig geblieben ist und der großen Tabula Rasa zum Opfer fällt. Also warten wir erstmal ab und hoffen, dass wir uns mit unserem Portfolio gut genug präsentieren können."

Ein Bild davon können sich sowohl Publikum als auch die designierte Theaterleitung ab kommendem Samstag, den 23. Mai 2015, bei insgesamt sechs Aufführungen auf der Studiobühne des Theaters Trier machen. 

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