Interviews
16.02.2016 Farina Lang Veranstalter
Interview mit Kosmonovski

Unterwegs mit den Donots

​​​​​​Bei dem Konzert der Donots am 24.Januar 2016 ist hunderttausend.de auf deren Vorband Kosmonovski aufmerksam geworden. Eine inklusive Band, welche mit fetzigem Indie-Rock dem wartenden Publikum mächtig einheizte. hunderttausend.de hat mal nachgefragt, wie es ist, fünf Tage mit den Donots unterwegs zu sein und was die Band Kosmonovski eigentlich ausmacht. 

 
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hunderttausend.de: Hallo liebe Kosmonovskis, erzählt uns doch erst einmal ein bisschen was von euch und warum ihr die "wahrscheinlich verrückteste Indie-Band jenseits von Texas" seid.


Holger: Dieses Ding mit der verrücktesten Band jenseits von Texas muss unbedingt von der Internetseite runter. Es diente lediglich als Metapher für den Hintergrund der Band,
es wird aber wirklich überall erwähnt. Die Band entstand im Mai 2011 mit dem Hintergrund, dass Menschen mit und ohne Handicap miteinander Musik machen. Es gibt viele Bands, in denen Menschen mit geistiger Behinderung aktiv sind, im Bereich der Psychiatrie sind solche Projekte aber eher die Ausnahme. Da gibt es hier und da mal einen Musik- oder Singkreis, aber weniger Bands, die mit einem professionellen Anspruch Musik daran gehen. Eben dieser hat sich aber bei uns auch erst später eingestellt. Wie auch immer, es war auf jeden Fall schnell eine relativ große Gruppe am Start, die richtig Lust darauf hatte. Einige hatten ein wenig musikalische Erfahrung, andere gar nicht! 
Und so nahm das Unheil seinen Lauf, so dass wir heute immer noch Musik machen, versuchen regelmäßig Konzerte zu spielen und demnächst eine neue Platte aufnehmen werden.


Wie habt ihr euch kennen gelernt und die Passion zur Musik für euch gemeinsam entdeckt?

Holger: Wie gesagt, die Gruppe kam schnell zusammen. Ich habe einige angesprochen,
die kannten wieder Jemanden, der Jemanden kannte und so weiter. Danach habe ich noch etliche Anfragen bekommen, so dass wir locker noch eine zweite Band hätten machen können. Ursprünglich war es angedacht, eine Experimentalband aufzustellen, die mit 
allerlei Nichtkönnen ausgestattet ist und dass daraus eine Menge Krach resultiert. 
Probe eins diente erstmal dazu, die Instrumentenzuteilung herzustellen. Ergebnis: eine Orgel, 
sechs Trommeln und eine Blockflöte. Klang unerträglich! Daraufhin habe ich mir eine
 Gitarre gekauft. In Probe zwei und drei haben wir schon die ersten Songs gemacht. Ich
 habe damals noch meinen Kumpel David für den Bass angesprochen und so war schon mal ein Grundstock gelegt, alles andere hat sich nach und nach ergeben.

Svenson: Ja, die erste Probe hatte etwas von einer atypischen Musiktherapie. Eine individuelle Entfaltung durch Hämmern auf das Schlaginstrument, mit Sing-Sang der Flöte und wild aus dem Rhythmus gerissenen Paukenschlägen. Heute hätte das fast schon wieder Entertainmentcharakter. In Folge dessen lümmelten wir uns, bewusst oder unbewusst, auf der Suche nach dem experimentellen Flair durch jede denkbare Musikrichtung. Kleben geblieben sind wir bei dem Stil, den wir heute haben, oder auch nicht. Nach anfänglichen Turbulenzen ging es doch schon recht schnell bei uns ans Songschreiben. Dank guter Vorlage und der Erfahrungen mit anderen Bands von Holger, gelang es uns nach und nach eine Basis zu entwickeln. Jeder macht was er kann, in welchem Rahmen auch immer und mit welchem Können auch immer.

Anlass unseres Interviews ist, dass wir euch im Vorprogramm der Donots in Luxemburg gesehen haben. Ihr wart mit den Jungs jetzt fünf Tage auf Tour. Erzählt mal, wie wars?


Michael: Es war wirklich eine gute Atmosphäre auf der Tour. Mir persönlich ging es total gut. Das machte sich daran bemerkbar, dass ich als Epileptiker trotz der ganzen Aufregung nicht einen Anfall hatte. Außerdem habe ich Eike (Schlagzeuger der Donots) nach vielen Jahren wiedergesehen und wir haben tolle Gespräche geführt. Wir kennen uns aus unserer Kindheit, sind im selben Kaff aufgewachsen und konnten uns über die guten Alten Zeiten austauschen.

Holger: Ein wahnsinniges Erlebnis! Die Atmosphäre auf der Tour war super, das Publikum hat uns Bestens aufgenommen und die ganze Reisegruppe hatte eine Menge Spaß. Die ersten zwei Tage waren so surreal. Man wird einfach, wenn auch nur kurzzeitig, in ein ganz anderes Leben geworfen und mit Eindrücken zugeschmissen. An Tag drei hast du schon Probleme zusammen zu bekommen in welcher Stadt du gestern warst, weil man von der einen Situation in die andere geschmissen wird. Wahnsinn! Der wenige Schlaf gibt dir dann den Rest. Nach der Tour habe ich erstmal drei Tage gepennt.

Wie ist es denn dazu überhaupt gekommen, dass ihr ins Vorprogramm der Band gerutscht seid?


Holger: Die Idee, die Donots überhaupt zu fragen, kam von meiner Kollegin Elisabeth Graw. Dem vorausgegangen ist der Plan, einen Film über Kosmonovski zu machen. Meine Vorstellung war es eine Tour mit einer anderen Band zu spielen, die nicht diesen Hintergrund hat und die Interaktion zwischen den Bands, mit den Veranstaltern beziehungsweise dem Publikum einzufangen. Es sollte nicht primär um die Hintergründe der Bandmitglieder gehen, eher die Erkrankungen als begleitendes Element in einem völlig normalen Kontext abbilden. Ich hatte Kontakt zu einem Filmteam, das Bock auf dieses Thema hatte und dann hatte ich irgendwann Alex von den Donots am Telefon. Meine Kollegin hat über Umwege den Kontakt hergestellt. Wir stellten fest, dass wir uns noch
 von früher kannten und er war von der Projektidee sehr angetan. Kurze Zeit später
 saßen wir bei einem gemeinsamen Essen mit den Donots zusammen. Alle fanden es sehr spannend, konnten sich aber musikalisch noch nicht viel darunter vorstellen. Ein paar Tage später sind die Donots auf ein Konzert von uns gekommen und fanden es super. Ab da konnten wir richtig in die Planung einsteigen. Ich glaube ein solches Projekt hätte man auch nicht mit jeder Band machen können, die Donots waren da wirklich ein echter Glücksgriff für uns und natürlich eine tolle Möglichkeit sich in einem großen Rahmen zu präsentieren. Wir sind sehr dankbar dafür.

Und? Stimmt es, was man über die Donots sagt - dass sie die "netteste Band der Welt" sind?

Holger: Ich finde, dass man den Jungs mit einer solch oberflächlichen Floskel nicht gerecht wird. Die Donots haben sich eine Natürlichkeit und Menschlichkeit bewahrt, die, wie ich glaube, leider nicht mehr ganz selbstverständlich im Musikgeschäft ist. Sie sind am Menschen interessiert und kehren nicht wie andere Bands die ganze Zeit ihr Ego nach außen und berichten von ihren Heldentaten. Wenn du mit ihnen im Kontakt 
bist, interessieren sie sich wirklich für ihr gegenüber. Außerdem haben die halt richtig Bock auf
 das, was sie da machen und vor allem sind sie dankbar dafür, dass sie das machen können. Sie sind unglaublich professionell und einfach gute Typen mit denen man gerne Zeit verbringt. Was auch auffällig war: sie haben nur Menschen um sich, die genauso ticken wie sie, sprich ihre ganze Crew - alles Leute, die entspannt und ohne irgendwelche Allüren durch das Leben gehen. Sehr, sehr angenehm!

Ihr seid ja eine inklusive Band. Was waren denn die größten Herausforderungen auf Tour?

Michael: Zum Anfang war es natürlich sehr ungewohnt vor so vielen Menschen zu stehen. Eigentlich fallen unsere Konzerte deutlich kleiner aus. Da hat man sich aber relativ schnell dran gewöhnt. Ansonsten gab es für mich mit der Behinderung nur noch die Hürde in den Tourbus zu kommen und mich vernünftig dort zu bewegen. Ich hatte aber gute Unterstützung von einem persönlichen Begleiter namens Andreas. Der hat mich sehr gut unterstützt.

Holger: Der inklusive Hintergrund hatte, bis auf die körperliche Behinderung von Michael, keine Auswirkung auf die Tour. Im Vorfeld musste unser eigentlicher Bassist Alex leider eine Pause einlegen.
 Das wäre einfach zu viel geworden und die Gesundheit geht halt immer vor. Ein Freund der Band, Christoph, ist eingesprungen und wird die Band auch zukünftig begleiten. Es waren unsere ersten Konzerte vor großem Publikum und 
wir waren genauso aufgeregt wie andere Bands, wir mussten uns genauso an die Tourabläufe gewöhnen und wir hatten genauso viel Bock darauf das zu machen. Insofern alles normal.

Svenson: Wir waren vor der Tour doch deutlich angespannter als vor Ort in den Konzerthallen. Dank Maya (der Tourleitung) und dem netten Team der Donots, konnten wir uns auf die Abläufe und das Programm einer solchen Tour schnell einstellen und hatten so schon ziemlich früh einfach nur Spaß. 
Eine kleine Herausforderung war es, von einem Filmteam begleitet zu werden und zu 
wissen, dass jetzt alles aufgenommen wird. Bei so vielen neuen Eindrücken und dem täglichen Wechsel der Hallen, blieb nicht viel Platz im Kopf für die Dinge, die einen 
sonst so beschäftigen. Wie im Urlaub, nur besser. 
Förderlich war auch, dass die Chemie bei unserer gesamten Crew, immerhin waren wir insgesamt 16 Mann, einfach stimmte. Die richtige Gruppe zur richtigen Zeit, gepaart mit der richtigen Band (Donots). Besser geht es nicht!

Und was war die beste Anekdote, die ihr erlebt habt?

Holger: Wir haben so viele Situationen und Eindrücke auf der Tour gehabt, dass es mir persönlich schwer fällt da etwas Explizites heraus zu suchen. Vieles hat auch einfach eine gewisse Situationskomik gehabt.
Weniger eine Anekdote, als eine schöne Geschichte hat mich besonders beeindruckt. Unserer Michael und der Drummer von den Donots, Eike, kennen sich aus ihrer Kindheit und haben sich nach fast 30 Jahren wiedergesehen. Das war schon krass. Ach ja, sehr lustig waren auch die Nächte im Tourbus, die wir oft mit Akustiksessions verbracht haben. Also wenn Valentin auf Russisch zu unseren Songs rappt, ist das schon wirklich sehr komisch, auch wenn wir natürlich kein Wort verstanden haben. Aber wie gesagt: Situationskomik halt.

Micha, du bist ja heimliche Star der Band. So wird es zumindest über dich geschrieben. Welche Starallüren hast du dir auf Tour denn angeeignet? 

Michael: Keine! Aber es war schon schön, so nette Rückmeldungen zu bekommen! Am meisten hat mich gefreut, dass die Zugabe-Rufe in Luxemburg so laut waren.

Holger: Das sehe ich anders! Nur noch mit Palmwedel und Weintrauben gibt der Herr sich zufrieden. Das Fußvolk wird nur noch mit Missachtung bestraft.
 Nee, alles beim Alten geblieben! Er ist und bleibt einfach ein charmanter Kerl!

Svenson: Der "Herr Kosmonovski" oder auch Micha schafft es irgendwie immer wieder, egal in welchem Laden wir auch spielen, die Leute von der ersten Minute an direkt vor die Bühne zu zitieren und mit seinem ganz eigenen Charme zu begeistern. Cooler Typ. Ach so, eines sei hier an dieser Stelle noch erwähnt: Der gute Micha hat ja unseren allerersten Auftritt mal solide verpennt. Auf der Bühne, bei voll aufgedrehter Anlage und punkigen Sound. Das muss man mal hinbekommen.

Abschließend: Ihr wurdet von vielen Kameras auch gefilmt. Was passiert mit dem Material?


Holger: Im Sommer 2016 wird der Film über die Tour erscheinen. Layla Filmproduction ist dafür verantwortlich. Eine sechs-köpfige Filmcrew, unter der Regieleitung von Mumin Baris, die uns da fünf Tage begleitet und allerlei Material gesammelt haben. Wir sind selber gespannt wie Bolle, wie der Film nachher wird. Sie haben schon einige sehr interessante Dokumentationen gedreht und haben einfach eine tolle Machart in ihren Filmen. Einiges kann man sich unter www.laylafilm.com anschauen. Es wird einer ihrer längsten Filme werden und ist einer der ersten freien Produktionen, die sie machen. Sie haben einen hoch künstlerischen Anspruch in ihren Dokumentationen. Es bleibt also spannend!

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