Interviews
05.11.2015 Julia Nemesheimer Veranstalter
Kensington - Interview

Trial and Error

​​Vom 12. bis 14. November 2015 findet in der Rockhal das alljährliche Sonic Visions Festival statt. Neben Workshops und Vorträgen von Musik-Business-Menschen kommen auch wieder etliche Bands. Unter ihnen die niederländische Band Kensington. hunderttausend.de hat sich im Vorfeld mit Gitarrist Casper Starreveld unterhalten.

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hunderttausend.de: Hi Casper, schön, dich zu hören. Grade im Moment seid ihr ja echt erfolgreich. Ende November stehen zwei ausverkaufte Gigs im Ziggo Dome in Amsterdam an - Wie fühlt sich das so an?

Casper Starreveld: Es fühlt sich ziemlich surreal an. Das sind immerhin 17.000 Menschen pro Nacht und wir spielen an zwei Abenden - wir sind also ziemlich aufgeregt und nervös. Wobei so richtig konkret wird es erst, wenn wir dann auf die Bühne gehen. Allerdings kommen langsam die Alpträume, in denen man denkt, man hätte alle Songs vergessen, die man spielen soll oder dass das Equipment kaputt geht oder gar nicht erst da ist. Aber es ist ja auch nicht die erste Show, die wir spielen, da wird schon alles gut gehen (lacht).

Kensington wurde 2005 gegründet, feiert ihr dann dieses Jahr euer zehnjähriges Bestehen irgendwie?

Wir werden bestimmt, aber eigentlich haben wir 2005 nicht so viel gemacht. Es fühlt sich mehr so an, als wären wir erst seit acht Jahren gemeinsam unterwegs oder so.

Also müsst ihr 2017 feiern…

Ja, wir suchen ja immer nach neuen Anlässen, um zu feiern (lacht). Aber jetzt ist auch erstmal diese wirklich verrückte Phase, die wir dank des aktuellen Albums "Rivals" erlebt haben, fast zu Ende. Nach den Konzerten im November und einer kurzen Deutschland-Tour im kommenden Januar werden wir erstmal kürzer treten und 2016 kaum auftreten. Wir werden uns aber an neues Material ransetzen.

Bis zu dem großen Erfolg, den ihr jetzt genießen könnt, war es ja ein langer Weg - was war der schwierigste Teil daran?

Es ist eigentlich so ein allmählicher Anstieg gewesen, es gab nicht wirklich einen Punkt, an dem das alles voll überraschend passiert ist. Man muss einfach geduldig sein, weiter live spielen, weiter warten und weiter schreiben. Das ist vermutlich das Schwierigste daran, wo dann viele aufgeben. Es hat sich immer so angefühlt, als könnten wir es schaffen. Aber man kann sowas nicht wirklich planen. Das hat viel mit "Trial and Error" zu tun. Man muss einfach sein Bestes geben, ein bisschen Glück haben und sich nicht allzu blöd anstellen.

Das ist ja dann auch fast schon ein Ratschlag für neue Bands…

Ja, stimmt, so klingt es. Jetzt fühle ich mich ein bisschen alt (lacht). Also, ihr jungen Leute: Bleibt am Ball! Gebt nicht auf! (lacht)

Beim Sonic Visions Festival gibt es ja neben den Konzerten auch Workshops und Vorträge von Produzenten, Bookern und vielen mehr und richtet sich speziell auch an jüngere Bands, um ihnen eine Hilfestellung zu geben. Glaubst du, das ist wichtig und sinnvoll?

Ja, natürlich. Es gibt eine Menge Fehler, die man machen kann - gerade als junge Band und besonders im Business. Bei uns war es zum Beispiel schwierig, als wir unser altes Label verlassen wollten. Wir hatten da so einen Knebelvertrag und um dort rauszukommen, mussten wir eine Menge Geld zahlen und es hat uns einiges an Nerven gekostet.

Hättet ihr denn gerne mehr Hilfe bekommen in eurer Anfangsphase?

Da bin ich gespalten. Ich denke, wir sind vor allen Dingen deshalb weiser und klüger geworden, weil wir das selbst erlebt und auch die Konsequenzen unseres vielleicht nicht ganz so überlegten Handelns am eigenen Leib gespürt haben. Solche Fehler muss man aber machen, man wächst daran. Wir haben zum Glück noch rechtzeitig die Notbremse gezogen. Es geht halt nicht ums Fallen, sondern vielmehr ums Wieder-Aufstehen und Weitermachen nach einem Tief.

Ein anderes Thema: Ihr nutzt viel Social Media wie Facebook, Twitter oder Instagram. Magst du diese Art und Weise, mit den Fans und der Welt in Kontakt zu treten oder ist es eher etwas, das man heutzutage tun muss und eine Art Belastung?

Naja, es ist wirklich immer schwierig, Dinge zu tun, die man nicht mag, denn das wird meistens ziemlich schlecht. Wir mögen das schon, auch wenn es gerade in den Niederlanden manchmal echt überwältigend ist. Da gibts so viele Menschen, die etwas von uns wollen und wir haben einfach nicht die Zeit, jedem Einzelnen zu antworten, schließlich müssen wir zwischendurch auch noch Musik machen (lacht). Aber ich mag zum Beispiel, dass man gleichzeitig mit jemandem in Japan und in Los Angeles oder so sprechen kann. Es hat wirklich enorme Vorteile, aber es hört halt auch nie auf. Es gibt immer einen neuen Like oder einen neuen Kommentar und da muss man ein bisschen aufpassen, dass es nicht das eigene Leben bestimmt. Viele Menschen denken heutzutage, dass man unbedingt online präsent sein muss, dabei ist es gar nicht so wichtig.

Gerade über die verschiedenen Portale sieht man auch immer, wenn ihr wieder mal für einen Preis nominiert seid und ihr gewinnt recht viele davon. Welcher ist denn derjenige, an den du dich am Meisten erinnerst?

Oh, ich glaube, das ist der MTV-Award. Das ist auch immer witzig, wenn ich Leute zu Besuch haben und die sehen den dann im Regal stehen. Die kommen dann oft und fragen "Wow, ist der echt? Darf ich ihn mal anfassen." Es hat halt immer noch ein bisschen was Magisches und jeder kennt den Preis. Und wir haben jetzt immerhin drei davon. Und die Auszeichnungen für die Verkaufszahlen der Alben sind natürlich auch wichtig. Vor acht Jahren hätte ich mir das niemals vorstellen können.

Eure letzte Veröffentlichung ist eine Kollaboration mit Trance-DJ Armin van Buuren, die gerade auch ziemlich erfolgreich ist. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Wir haben mal einen Song von ihm gecovert, "This is what it feels like", und eigentlich war das nur aus Spaß in einer Radioshow. Aber er hat es total gemocht und uns angeschrieben, ob wir nicht mal was zusammen machen wollen. Also haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, ob wir Material von ihm nehmen wollen und nur Gesang von Eloi beisteuern oder ob wir etwas ganz Neues machen. Wir haben uns für Letzteres entschieden und haben zwei Welten zusammengeführt - Trance und Rock sind halt recht verschieden. Wir denken eben nie darüber nach, wie wir einen Drop einfügen oder sowas, während Armin nie überlegt, wie er den Drum-Part aufnehmen möchte. Wir sind ziemlich stolz auf das Endprodukt, denn das hätte auch ganz schön in die Hose gehen können.

Ihr spielt ja ziemlich viele Festivals, jetzt auch wieder beim Sonic Visions. Was magst du lieber: Headline-Shows oder diese Festivals, bei denen oft viele Menschen sind, die euch kaum kennen?

Ich liebe die Festivalsaison! Man kann spielen, das Wetter ist meistens geil und es ist immer eine große Party. Aber man muss die Leute von sich überzeugen und hat nur rund eine Stunde, um das Set zu spielen. Das muss man natürlich bei eigenen Shows nicht. Also für alles drum herum mag ich Festivals lieber, aber zum Spielen dann doch eher die eigene Tour.

So eine Tour besteht ja oft aus viel Warten und Fahren. Wie nutzt du die Zeit?

Ja allerdings, wir nennen das "Beeil dich und Warte". (lacht) Dann wird dir gesagt, "Mach das jetzt mal schnell" und dann sitzt man erstmal stundenlang rum, bis irgendwas passiert. Ich hab mir für die Zeit eine Playstation gekauft und spiele echt viel Fifa. Dann nehm ich meistens noch meinen Laptop mit und arbeite das Mailfach ab oder sitze an neuen Stücken. Ansonsten schlafen wir oder versuchen, uns ein bisschen auszuruhen zwischen den Shows.

Letzte Frage: In euren Musikvideos bekommt man den Eindruck als hättet ihr als beste Freunde gerade die geilste Zeit eures Lebens - ist das wirklich so?

Nein, nein, gar nicht. Das ist nur gespielt. Wir sind eigentlich Schauspieler und haben uns überlegt, dass wir jetzt mal so tun, als wären wir eine Band (lacht). Unser letztes Video wurde beim Sziget-Festival gedreht und das ist eine ziemlich realistische Projektion des Ist-Zustandes von uns auf Tour. Es war eine große Party, was ziemlich cool ist, aber man kommt doch arg zerstört nach Hause manchmal (lacht).

Dann vielen Dank für deine Zeit und habt viel Spaß in Luxemburg beim Sonic Vision Festival.

Live kann man das Quartett in den kommenden Wochen hier erleben:


14.11.2015 - Rockhal, Sonic Visions​ Festival

07.01.2016 - Gebäude 9, Köln

08.01.2016 - Musikzentrum, Hannover

09.01. 2016 - Lido, Berlin

14.01.2016 - Knust, Hamburg

Tickets dafür gibt es hier.

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