Interviews
26.03.2015 Ralf Hoff  
Love A

Ein kaltes Messer mitten ins Herz

​​D​ie Trierer Indie-Punk-Band Love A ist aus der deutschsprachigen Musiklandschaft mittlerweile nicht mehr weg zu denken. Mit "Jagd und Hund" hat das Quartett nun sein drittes Album am Start und feiert am Samstag, den 28. März, eine rauschende Release-Party im Exhaus. hunderttausend.de hat Schlagzeuger Karl und Sänger Jörkk vorab einige Fragen gestellt. 

 
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hunderttausend.de: „Jagd und Hund“ ist der Name Eures dritten Albums. Ohne die neuen Songs zu kennen – was hat es mit dem Titel auf sich? Wäre "Vielleicht" oder "Trotzdem" nicht irgendwie konsequenter gewesen?

Karl: Vielleicht. Wir sind aber auch nicht die konsequenteste Band wenn es um sowas geht.
Jörkk: "Jagd und Hund" sind eben zwei urdeutsche Laster – und auf die kann man ja als Deutschpunk-Band ruhig mal zu sprechen kommen.

Auch soundtechnisch habt ihr bisher immer auf Weiterentwicklung gesetzt – ohne, aus dem gewohnten Rahmen so richtig auszubrechen. Was ist anders an der neuen Platte? Bezeichnet sie, auch wegen des Namens, vielleicht ein ganz neues Kapitel in der Bandgeschichte?

Karl: Der gewohnte Rahmen, das sind ja wir vier. Egal, was wir machen, es wird sich immer nach Love A anhören. Für uns gibt es natürlich große Unterschiede zwischen den Alben, die aber für jemanden von außen gar nicht so wahrnehmbar sind. Wir haben mehr Arbeit und Zeit in die Platte gesteckt und hatten dieses Mal eine klarere Vorstellung davon, wie sich das am Ende anhören soll.
Jörkk: "Jagd und Hund" ist auf jeden Fall düsterer als alles, was wir bisher gemacht haben. Dafür sind die Texte nicht mehr so "auf's Maul", sondern mehr "mitten in's Herz" – also mit langen, kalten Messern.

Die Single "100.000 Stühle leer" ist ruhiger und melancholischer ausgefallen – zumindest verglichen mit älteren Nummern wie "Ramones" oder "Freibad". Dumme Frage, aber jetzt vollkommen ernst gemeint, nur um zu sehen, was Ihr darauf antwortet: Ist das noch Punk? Hat Punk überhaupt irgendetwas mit der bloßen Musik zu tun oder ist die Frage danach schlichtweg vollkommen egal?

Karl: Ich denke, jeder definiert für sich anders was "Punk" ist. Musikalisch waren wir noch nie Punk, obwohl wir den Begriff häufiger verwendet haben, um unseren Dilettantismus zu rechtfertigen. Inhaltlich ist das schon wieder was anderes, weil es durchaus eine Haltung gibt, die man als Punk bezeichnen könnte.
Jörkk: Genau. Punk ist ja eher etwas, das man ist, nicht etwas, das man macht.

Warum ist eigentlich so ein ruhiger Song erster Vorbote des neuen Albums?

Karl: Stefan wollte gerne ein Video dazu machen, dann hat sich das so ergeben.
Jörkk: Wegen der Echo-Verleihung natürlich! Irgendjemand musste sich ja erbarmen und einen radiotauglichen Song schreiben, der nichts mit Heimatliebe oder Nationalstolz zu tun hat. Nicht, dass da dieses Jahr wieder nur Arschlöcher auflaufen…

Aufgenommen habt Ihr erneut im schönen Exhaus an der Mosel, in Trier, wohnt aber nicht mehr alle hier und tourt auch deutschlandweit. Trotzdem ist auch die Release-Show wieder hier. Welchen Stellenwert hat Trier noch für Euch? Ist es Zuhause wirklich immer noch am schönsten?

Karl: Als wir anfingen, über die dritte Platte zu sprechen, haben wir auch überlegt, das ganz woanders zu machen. Letztendlich wollten wir aber wieder mit Robert und Boris zusammenarbeiten und dann war ganz schnell klar, dass wir auch wieder im Exhaus aufnehmen. Dann an einem anderen Ort eine Releaseparty zu machen, würde sich einfach nicht richtig anfühlen. Unsere Freunde, Familien und unser Proberaum sind ja auch hier.
Jörkk: D'accord! Geht mir als, mittlerweile, Wahl-Hamburger genauso. Ich hatte fünf tolle Jahre in Trier und habe viele, liebe Freunde dort gefunden. Und auch wenn sich Trier den Begriff "zu Hause" im Falle eines Halb-Nomaden wie mir mit Saarbrücken, Düsseldorf, Wuppertal und Hamburg teilen muss, so ist es doch in jedem Falle ganz klar das Zuhause von Love A.

Die Bands Koeter und Herrenmagazin sind am Samstag mit dabei, zwei schon länger etablierte Bands. Ein Freundschaftsdienst?

Karl: Ja, kann man so sagen. Herrenmagazin ist eine der wenigen Bands, die wir kollektiv abfeiern. Wir haben uns fast nicht getraut, sie zu fragen und als sie dann zusagten, haben wir uns sehr gefreut. Bei Koeter ist das ähnlich. Und nachdem wir im Januar auf deren Releaseparty gespielt haben, konnten sie uns sowieso nicht mehr absagen.
Jörkk: Herrenmagazin sind ganz furchtbare, harmonieselige Popper – die zu allem Elend jetzt auch noch ein Klavier am Start haben! Aber gut - wenn man aus sozialer Verpflichtung heraus eine Rumpelband mit derart fürchterlichem Gesang wie Koeter einladen muss, dann ist das Gleichgewicht immerhin wieder hergestellt.

Gerade im (Indie-)Punk schießen blutjunge Newcomer-Bands gerade wie Pilze aus dem Boden, der Großteil von ihnen geht irgendwann auf halber Strecke baden. Ihr habt den Sprung geschafft. Warum sollte man nicht aufgeben? Die Chance, aus eigener Musik überhaupt noch irgendetwas zu machen, ist ja mittlerweile sehr gering geworden.

Karl: Wenn man keine Ziele und Erwartungen hat, ist alles ein Erfolg.
Jörkk: Schließe ich mich an. Wenn es dir um Erfolg geht, geht dir schnell die Puste aus, da das ein langer, steiniger Weg sein kann, bis es soweit ist. Wenn du aber einfach machst, was dir sowieso Spaß macht, ist es egal, ob man "den Sprung" irgendwann schafft oder nicht. Wenn es dann noch funktioniert: Schön.

Viele Eurer Texte betrachten die Menschheit und die Dinge, die sie tut, ja eher skeptisch und es gibt nicht selten einen verbalen Mittelfinger in Richtung bestimmter Leute. Woher die Unzufriedenheit und die Wut?

Jörkk: Meckern, hassen, an der eigenen Fehlbarkeit verzweifeln. So geht doch "Punk", oder? Ok. Die einfachere, sicher für jeden nachvollziehbare Antwort auf diese Frage ist: Schaust du keine Nachrichten?

Abschließend: Pläne für die Zukunft? Ein viertes Album nur mit 80er-Reminiszenzen, das Quoten-"Back To Basics"-Album nach dem bösen dritten oder doch was ganz Anderes?

Karl: Keine Ahnung.
Jörkk: Noch weniger Ahnung!​


Foto: Sons of Ipanema

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