Interviews
28.07.2014 Jörg Halstein Veranstalter
Chad Matheny (Emperor X)

Trier ist großartig!

​​​Am kommenden Mittwoch, den 30. Juli 2014, stellt der Indie-Noise-Amerikaner Emperor X sein neues Album "The Orlando Sentinel" in der villaWuller vor. Im Interview mit hunderttausend.de gibt er einen Einblick in seine Inspiration und erklärt, was er mit Walter White gemeinsam hat - oder eben nicht.

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hunderttausend.de: Zumindest aus dem Fernsehen ist mir ein Lehrer für Naturwissenschaften bekannt, der ins Drogengeschäft einsteigt. Du hast dich dazu entschieden, ein Musiker zu werden. Aus finanzieller Sicht scheint das eher eine Herausforderung zu sein, was sind also die wahren Beweggründe?

Chad Matheny: Wenn ich die Anspielung richtig verstehe, dann bezieht sich das auf "Breaking Bad". Ich liebe diese Sendung. Da ich aber im Gegensatz zu Walt kein Ventil für Jahrelang aufgestaute Wut über verlorene Träume und verschleudertes Talent zu bewältigen hatte, verlief es bei mir etwas anders. Mit etwa 25 Jahren habe ich mich aus der akademische Laufbahn verlassen, weil ich keine konkreten Fortschritte verzeichnete. Das Songwriting lenkte mich zu sehr davon ab.

Ich erinnere mich an eine drei- oder viertägige Session. Eigentlich sollte ich an einer Arbeit zu einem Forschungsprojekt oder ähnlichem schreiben – was ich nicht tat. Das hatte nichts mit Faulheit zutun, sondern ich verbrachte die gesamte Zeit darauf, den Song "Florencia Tropicana" fertigzustellen. Als der Song fertig, die Arbeit aber überfällig war, bemerkte ich, dass ich auf dem Holzweg bin. Daher schwor ich der Wissenschaft ab. Auf lange Zeit gesehen würde ich dennoch gerne wieder unterrichten. Dann allerdings Musik und nicht Chemie.

"Florencia Tropicana" ist ja nun auch schon etwas älter. Brandaktuell hingegen ist das Album "The Orlando Sentinel". Gibt es da einen Zusammenhang zur Zeitung mit dem exakt selben Namen?

Auf der einen Seite schon, ja: Wenn man in Florida aufwächst, dann hört man diesen Namen ständig. Ich fand es immer etwas verrückt: Das klingt doch eher nach einer Spionage-Organisation und nicht wie eine Zeitung.

Irgendwie aber auch nicht, da ich keinen direkten Bezug zur Auswirkung der Zeitung auf mein Leben herstellen möchte. Bei meinen Titeln ist der Unterschied zwischen direkter und indirekter Referenz entscheidend. Man kann Dinge erwähnen ohne diese eine Sache direkt zu meinen, sondern nur ihre Implikation - eine Art emotionaler, phonetischer Nebel.

Angeblich war ein Teenage Engineering OP-1 Synthesizer, den du in Leipzig gekauft hast, eine maßgebliche Inspirationsquelle für das Album. Was ist dran an dieser Anekdote?

Mein erster Kontakt mit diesem Modell war in Austin (Texas). Ein Freund hatte sich gerade einen gekauft. Es hat mich direkt umgehauen! Für mich liegt der Vorteil klar im User-Interface: Von Null zum 4/4 Floor-Samsher in zwei Minuten, die perfekte Zeit um ein DJ Set aufzubauen. Das habe ich Live mehrfach austesten können und es funktioniert besser, als alles andere. In Leipzig bot sich mir die Chance, einen im Sonderangebot zu erstehen. Da habe ich direkt zugeschlagen.

Betrachtet man sich die Songliste des Albums, gibt es viele Referenzen zur Politik ("class war", "politburo", "Sarkozy", "even Kafka & Primark"). Wie politisch ist das Album und funktioniert politische Popmusik überhaupt?

Diese Frage ist so mächtig, dass es mir unmöglich scheint, sie endgültig zu beantworten. Was ich aber sagen kann: Der Hörer in mir bevorzugt nicht moralisierende Musik. Was nicht bedeutet, dass diese nicht dennoch politisch sein darf. Zumal das gar nicht möglich ist, da jede öffentliche Geste in irgendeiner Weise politisch ist. Selbst ein "nicht politisches Album" vertritt das Statement "Politik ist egal, habt Spaß".

Außerdem At the Drive-In zu meinen meinen Lieblings-Songwritern. Am Ende von "Relationship of Command" fordern sie eine Revolution. Aber was für eine? Diese Art von offenem politischen Statement finde ich sehr spannend. Anders als zum Beispiel Refused oder Minor Threat.

Wärst du mir böse, wenn ich das Album mit den Worte beschreibe "Das neue Album klingt ein klein wenig 'Deutsch'"?

Nein, du hast rechts! Ich hab hier für fast zehn Monat gelebt und es wäre sehr komisch wenn Deutschland keinen Einfluss auf mich gehabt hätte. Es ist nicht absichtlich, aber elektronische Musik liegt hier in der Luft.

Während der Tour bist du in Städten wie Porto, Hamburg und Paris zu Gast. Was erwartet man sich da von Trier?

Trier ist großartig! Ich habe dort eine gute Zeit gehabt und die villaWuller ist ein wunderbarer Club.

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