Interviews
21.04.2015 Ralf Hoff Veranstalter
Blumio

"Kunst wird immer hinterfragt werden."

​​​Deutschrapper Blumio kommt mit neuem Album im Gepäck am Freitag, den 24. April 2015, ins Exhaus und spielt vor Trierer Publikum. hunderttausend.de hat ihm im Vorfeld ein paar Fragen gestellt. 

 
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​hunderttausend.de: Deine Musik hat wenig bis gar nichts mit stereotypem Hip Hop zu tun, kein Gangsterrap, aber auch keine leicht verdauliche Popmusik in Hip Hop-Verkleidung oder lupenrein befindlichkeitsfixierter Seelen-Striptease. Du machst von allem ein bisschen. Ist es mit einem derart abwechslungsreichen Repertoire nicht schwierig, eine Zielgruppe zufrieden zu stellen?

Blumio: Da hast Du sicher Recht. Da mache ich mir auch manchmal Gedanken drum. Allerdings – jedes Mal, wenn ich probiere, einen ganz bestimmten Stil oder eine Stimmungslage über ein Album zu verfolgen, bin ich bei der Hälfte schon so gelangweilt von mir, dass ich die Lust daran verliere. Ich habe halt verschiedene Stile drauf und mag es auch, diese zu vermischen. Klar, wenn jemand nur einen Stil drauf hat, dann fällt die Entscheidung natürlich auch leichter. Das Allrounder-Dasein hat sicher auch seine Tücken. Aber ich für meinen Teil liebe ja abwechslungsreiche Alben.

Du bist japanischer Abstammung, aber nicht dort geboren und aufgewachsen, fühlst Dich trotzdem mit Land und Kultur verbunden und bist auch von Zeit zu Zeit dort unterwegs.  Siehst Du Dich eher als Deutschen oder eher als Japaner?

Ach, ich fühle mich schon als Japaner. Aber vor allem auch, weil man, egal wie gut man integriert ist oder wie gut man Deutsch spricht, bei meinem Aussehen mich ja auch bei der ersten Begegnung wie einen Japaner "behandelt". Ob das jetzt ist, dass man mich auf Englisch anspricht oder mich als Japse beschimpft. Das ist gar nicht wertend gemeint, sondern einfach eine Tatsache. Das ist ja auch so, wenn ein Typ mit deutscher Abstammung in Japan leben würde. Für die da drüben ist er erst mal "der Europäer". Und so wie man behandelt wird, fühlt man sich ja auch zu einem gewissen Teil. Man ist halt trotzdem immer der Exot, auch wenn ich schon 30 Jahre hier lebe.  Aber in allererster Linie versuche ich, mich wie ein Mensch zu fühlen.

Würdest Du gerne einmal in Japan auftreten? Würde deutschsprachiger Hip Hop dort funktionieren?

Ich will unbedingt in Japan auftreten. Weiß nicht, ob das funktionieren würde. Aber ich würde dann ja auch auf Japanisch rappen.

Neben deinem "regulären" Musikgeschäft bringst Du einmal wöchentlich "Rap Da News" heraus und berichtest im Hip Hop-Style über aktuelles Weltgeschehen, meistens politisches. Woher kommt der Antrieb? Findest Du, Dein Publikum informiert sich nicht ausreichend über diese Dinge?

Ich finde, das Problem ist, dass mein Publikum oder wer auch immer nicht ausreichend informiert WIRD. Daher müssen sie sich wohl oder übel selbst informieren. 

Mit dem Internet-Zine rap.de gab es neulich, zur Veröffentlichung deiner neuen CD, eine Auseinandersetzung auf bekannten Online-Plattformen. Ohne näher konkret auf diesen Fall einzugehen: Was ist der Stellenwert von Plattenreviews? Ist es nicht viel wichtiger, was Deine Fans von neuer Musik halten? 

Ja, absolut. Aber viele nehmen sich ja auch bei der Entscheidung, welche Platte sie sich diesen Monat von ihrem bescheidenen Gehalt/Taschengeld kaufen, solche Kritiken zur Hilfe. Ich finde Kritik im Allgemeinen ja auch nicht schlimm. Die Frage ist nur oft, welche Qualifikationen ein so genannter Musikjournalist aufweist, um über ein Album eines Künstlers zu urteilen. Und vor allem auf welche Art man dies tut. Häme, verkürzte Kritik, Lügen oder persönliche Empfindlichkeiten gehören da nicht hin. Das disqualifiziert jede Plattenkritik, weil sie nicht mal einen Grundrespekt vor einem schaffenden Künstler aufweist. Die Kunst wird immer hinterfragt werden. Der Kritiker leider zu selten. Und viele sind ja regelrecht empört, wenn man ihrer Kritik eine eigene Kritik entgegnet. 

Mit „Religion“ hast Du als erste Single des Albums einen Song mit wirklicher Aussage ausgekoppelt – und kein weniger anspruchsvolles (man könnte sagen: „massentauglicheres“) Lied als Vorab-Bonbon. Was bedeutet der Song für Dich?

Ich fand, dass es bis heute keinen Song gab, der dieses große Thema versucht, auf den Punkt zu bringen. Es gab viele Songs für die Religion, die Gott und die Religion anpreisen. Dann gibt es auch viele Songs, die sich gegen Gott und Religionen wenden. Ich wollte aus der Sicht eines nicht religiösen Menschen mal ein Lied ÜBER Religionen machen. Die guten und schlechten Seiten aufzeigen, meine persönlichen Erfahrungen mit reinbringen, die daraus entstehenden Konflikte beschreiben, ohne dabei die Versöhnung der Religionen als großes Endziel aus den Augen zu verlieren.

Mit „Blumiologie“ geht es jetzt auf Tour und Du spielst auch in Städten, in denen du bisher noch nicht warst – wie in Trier. Was erwartest Du dir von allem?

Ich erwarte erst mal gar nichts. Jede Stadt und somit auch jedes Konzert ist anders. Ich lass mich auf die Leute ein und versuche, die bestmögliche Show für sie zu spielen. Und nach der Show können wir ein paar Fotos machen, bisschen kommunizieren. Darauf freu ich mich in erster Linie. Auch wenn man heutzutage viel über das Internet mit Leuten kommunizieren kann, ist es dennoch was ganz anderes, die Menschen persönlich zu treffen. ​

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